METZINGEN/BERLIN. Der harte Corona-Lockdown in Deutschland dauert jetzt schon genau acht Wochen. Seit Dezember sind bekanntlich Kitas, Schulen, Geschäfte, Restaurants und Hotels geschlossen. Dieser bundesweite Shutdown wurde in den vergangenen Wochen von der Runde der Ministerpräsidentinnen und -präsidenten mit der Bundeskanzlerin immer wieder verlängert. Am Mittwoch trifft sich diese Runde erneut online, um über das weitere Vorgehen in der Pandemie zu beraten. Dabei gilt eine Verlängerung der strikten Corona-Regeln als sicher. Ausnahmen von den bestehenden Schließungen könnte es möglicherweise bei Kitas und Schulen geben, auch eine vorsichtige Öffnung der Friseurbetriebe ist in der Diskussion.
Gleichzeitig scheinen die Menschen von einer großen Lockdown-Müdigkeit erfasst zu sein. Immer mehr klagen darüber, dass sie den Shutdown leid sind und dass sie sich die Rückkehr zur Normalität wünschen. Aus dieser Perspektive blicken die meisten Menschen bei der GEA-Straßenumfrage in Metzingen auf das Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel. Erwartungen und Wünsche an die Runde sind bei vielen eindeutig: irgendwie raus aus dem Lockdown. Gleichzeitig sind sich die Menschen bewusst, dass zu große Erwartungen an die sogenannte Bund-Länder-Konferenz wohl enttäuscht werden dürften.
Aus diesem Blickwinkel betrachtet es auch Georg Kaak, der meint: »Ich bin mir bewusst, dass es – wenn überhaupt – nur ein kleines bisschen an Lockerungen geben wird. Schon das wäre jedenfalls für uns.« Er findet, dass die Kitas und die Schulen wieder öffnen sollten. Natürlich mit Umsicht und klaren Corona-Regeln. Zurückhaltender ist er bei den Öffnungen von Läden und Restaurants: »Da sollten wir noch warten. Obwohl es für die Beschäftigen in den geschlossenen Branchen natürlich besser wäre, wenn sie wieder arbeiten könnten.«
Vorsichtiger zeigt sich Herr Langguth, der seinen Vornamen nicht in der Zeitung lesen will: »Wegen den sich ausbreitenden Virusmutationen wird es wohl kaum Lockerungen geben.« Der Vater von zwei kleinen Kindern hofft zumindest auf eine vorsichtige Öffnung der Kindergärten und Kitas. Gleichzeitig fordert er flexiblere Konzepte für zukünftige Lockerungen der Corona-Verordnungen. Das schließt für ihn auch ein, dass auf regionaler Ebene etwas geschehen müsste: »Ortsansässige Händler könnten mit den bekannten und erprobten AHA-Regeln wieder öffnen. Dabei ist das lokale Infektionsgeschehen zu berücksichtigen«, so Langguth mit Blick auf die 7-Tage-Inzidenzen, die in der Region Reutlingen/Tübingen ja bereits unter dem angestrebten Wert von 50 liege. Er sehe, dass es für den Einzelhandel und die Gastronomie langsam immer schwieriger werde. Selbst Metzgereien oder Lebensmittelgeschäfte, die geöffnet sind, litten unter hohen Verlusten.
Einer dieser Lebensmittelhändler ist Edres Hussein, der seinen kleinen Laden in der Metzinger Fußgängerzone betreibt. Er berichtet davon, dass seine Kunden im Lockdown immer trauriger und auch depressiver geworden seien. Auch er selbst macht sich große Sorgen: »Ich habe vier Kinder zu Hause, die nicht in die Schule gehen können. Das ist hart für die ganze Familie.« Er erwartet von der Runde um Bundeskanzlerin Merkel, dass sie die Schulöffnungen möglich macht. Auch der Handel müsse wieder zur Normalität zurückfinden: »Das Leben muss einfach wieder normaler werden. Wenn der Lockdown so weiter geht, steuern wir auf eine Katastrophe zu. Jetzt haben wir doch im Landkreis Reutlingen die angestrebte Inzidenz von unter 50. Da muss was passieren.«
»Jetzt haben wir doch im Landkreis Reutlingen die angestrebte Inzidenz von unter 50«
Anita Hiller sieht das ähnlich. Sie meint, dass die Geschäfte und die Wirtschaft »den Bach runtergehen«, wenn der Lockdown noch länger anhält. Deshalb müssten Läden und auch die Kitas und Schulen wieder aufmachen. Sie befürchtet zudem Langzeitfolgen für die Wirtschaft: »Wir hatten ja jetzt viele fette Jahre, jetzt kommen wahrscheinlich mal sieben magere Jahre.« Um die Pandemie besser zu bekämpfen, müsse zudem mehr Impfstoff her.
Auch Melanie Koch sehnt sich nach einem Ende des Lockdowns, »wenn alle Läden wieder offen sind und auch die Gastronomie zu einem weitgehend normalen Leben beitragen können.« Allerdings setzt sie nicht viel Hoffnung darin, dass dies die Runde im Berliner Kanzleramt beschließen wird. »Ich gehe aber davon aus, dass wenigstens die Kitas bald wieder öffnen können.« Sie sieht auch die Politiker in der Region in der Pflicht. »Die Landräte in Gebieten mit niedrigen Inzidenzzahlen sollten mitentscheiden können, wie das dann läuft.«
»Da müssen dann nicht nur die Infektions- und Inzidenzzahlen mit einfließen«
Natalie Leipi träumt von einem Leben nach Corona, »wie es früher mal war, ohne Auflagen, ohne Corona-Regeln und den ganzen Zirkus.« Dazu gehöre auch, dass nicht nur Schulen und Kitas wieder öffnen, sondern alles, was wegen des Lockdowns seit Monaten geschlossen ist. Zudem wünscht sie sich, dass sie bald einmal wieder zum Friseur gehen kann. »Es wird hoffentlich bald besser.« Dass gegen das Virus geimpft werde, wecke viele Hoffnungen, es müsse aber freiwillig bleiben.
André Förstner ist sich sicher, dass die Bund-Länder-Runde eine Verlängerung des Lockdowns beschließen wird. »Vielleicht gibt es ja Lockerungen für Kitas und Grundschulen«, meint er. Für die breite Öffnung des Einzelhandels oder der Gastronomie hält er die Zeit noch nicht für gekommen: »Das wäre zu früh, wegen der Virusmutationen. Es wäre schade, wenn die öffnen und dann wird das alles wieder zerschossen, wegen der Ausbreitung dieser Mutanten.« Wegen der Virusmutationen müsse die Forschung intensiviert werden, um ihnen besser begegnen zu können. Er wünscht sich einen Stufenplan für mögliche Lockerungen: »Da müssen dann nicht nur die Infektions- und Inzidenzzahlen mit einfließen, sondern auch die Auslastung der örtlichen Krankenhäuser oder die Todeszahlen. Da gehören mehrere Faktoren mit in die Überlegungen«, so Förstner. Auch die Corona-Schnelltests müssten ausgebaut werden, vor allem für die Risikogruppen.
Für Gisela Königsmark stehen die Öffnungen von Kitas und Grundschulen ganz oben auf ihrer Wunschliste: »Die müssen jetzt geöffnet werden und nicht erst später.« Auch Friseurgeschäfte gehören für sie zu den Kandidaten für eine baldige Öffnung. Sie träume zudem von einer Zeit, in der die Geschäfte und die Gastronomie auch ohne strenge Auflagen und Kontrollen wieder ihren Betrieb aufnehmen könnten. Außerdem gehöre das Handwerk in den Blick genommen: »Viele Handwerker dürfen zwar weiterarbeiten, sind aber von dem Lockdown betroffen, weil ihnen zunehmend die Aufträge wegbrechen. Da geht die Entwicklung auch nach unten.« Bürgermeister und Landräte gehörten ebenfalls in die Pflicht genommen, wenn die Pandemie regional einen positiven Verlauf nehme. Sie müssten sich überlegen, was regional umgesetzt werden könne, wenn beispielsweise die Inzidenzzahlen über einen längeren Zeitraum niedrig seien. So wie in der Region Reutlingen und Tübingen.
»Ich würde ihnen gerne in den Geschäften schöne Geschenke kaufen«
Am meisten sehnt sie sich danach, einmal wieder mit ihren Enkeln einen Kindergeburtstag feiern zu können: »Das wäre schön. Ich würde ihnen gerne in den Geschäften schöne Geschenke kaufen, aber beides geht ja leider nicht. Auf Reisen kann ich verzichten, aber das würde mich schon sehr freuen.« (GEA)