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Zweieinhalb Stunden ewiger Sommer mit der Beach Boys Revival Band

Die Beach Boys Revival Band bringt auf Einladung des GEA und der Kreissparkasse den Surf-Sound auf die Alb

Stimmkünstler, Brite mit neuerdings auch deutschem Pass und unermüdlicher Publikums-Anheizer: George Major von der Beach Boys
Stimmkünstler, Brite mit neuerdings auch deutschem Pass und unermüdlicher Publikums-Anheizer: George Major von der Beach Boys Revival Band in der Wimsener Mühle. Foto: Knauer
Stimmkünstler, Brite mit neuerdings auch deutschem Pass und unermüdlicher Publikums-Anheizer: George Major von der Beach Boys Revival Band in der Wimsener Mühle. Foto: Knauer

HAYINGEN-WIMSEN. Wer im Internet stöbert, stößt auf einen Clip vom Auftritt einer Band namens Strandjungs 1984 bei der ZDF-Hitparade. Vier Männer in den Zwanzigern mit bunten Shirts und Achtziger-Frisuren intonieren »Surfin’ USA« von den Beach Boys als »Surfen auf’m Baggersee«. Davor dreht ein Spielzeugsurfer in einem Planschbecken seine Runden.

35 Jahre später stehen zwei der vier Jungs von damals auf der Bühne der Wimsener Mühle. Anders als damals spielen Keyboarder Georg und Drummer Alex ihre Instrumente am Samstagabend live. Und am Mikro steht ein Engländer namens George, der den Auftritt seinerzeit, frisch nach Deutschland eingewandert, im Fernsehen verfolgt hatte.

Damals hatten die Strandjungs der Beach-Boy-Musik die Jugend wiedergebracht, sie aber auch zur Hüttengaudi reduziert. In der Wimsener Mühle hat sich das mit der Jugend stark relativiert, dafür ist eine gute Portion Hüttengaudi geblieben. Die Musik, mit der die Beach Boys in den 1968ern die Ansprüche der Erwachsenen zugunsten von Sommer, Sonne, Strand abschmetterten, bringt hier im voll besetzten Saal nun genau diese ältere Generation in Wallung – und erinnert sie an ihre eigene Jugend.

So wird am Ende alles gut. Während die heutige Fridays-for-Future-Jugend nicht Sonne und Strand, sondern CO²-Vermeidung fordert, holen sich die Erwachsenen ihr Stück Kalifornien nicht per Überseeflug, sondern mitten auf der Alb. Klar ist das ein ironisches Spiel und so zelebrieren die Strandjungs das auch, die sich nun Beach Boys Revival Band nennen und auf Einladung des GEA und der Kreissparkasse Reutlingen hier sind.

Britischer Nonsens-Humor

Sänger George Major ist als Mann aus dem verregneten England an sich schon eine ironische Besetzung für das Sommer-Sonne-Gefühl Kaliforniens. Das weißblau gestreifte Surfer-Hemd wirkt an ihm wie Maskerade. Was der gelernte Gesangslehrer und Dozent an der Dortmunder Jazzakademie selber weiß – und mit typisch britischem Nonsens-Humor auf die Spitze treibt. Gitarrist Molly erklärt er zur Mannheimer Jugendherbergsmutti, aus Wimsen macht er einen römischen Kurort und aus Schlagzeuger Alex Klaus den »einzigen stehenden Drummer in Bad Wimsen und Umgebung«. Ein Witz, der sich durch den Hitparaden-Clip erklärt – dort stand Alex tatsächlich an der Playbacktrommel.

Auch die Musik atmet diese ironische Distanz. Man spielt mit Hingabe, aber auch mit dem Gestus, sich und die Welt nicht allzu ernst zu nehmen. Was zur Stimmung beiträgt: Einen Abend lang ist alles easy, ewiger Sommer, der Ernst des Lebens weit weg – insofern macht sich tatsächlich ein Hauch von Strandgefühl breit im historischen Albdomizil.

So locker all diese Songs kommen, die von dieser Sommer-Sonne-Strand-Vision nie auch nur einen Zentimeter abrücken, so ausgefeilt sind sie doch gespielt. Hell, klar und mühelos »surft« die prägnant konturierte Stimme George Majors über dem groovenden Sound. In »I Can Hear Music« und anderen Songs übernimmt Neuzugang Kai Lemke am Bass, bei Weitem der Jüngste, mit gekonntem Falsettgesang die Lead-Vocals. »Then I Kissed Here« und einigen anderen Songs gibt Drummer Alex Klaus mit seinem durchdringenden Tenor die typische Färbung.

Wogende Vokalharmonien

Dazu kommen schwebende Synthiefarben, etwa in »Good Vibrations«, akustische Rhythmusgitarre – und immer wieder knackige E-Gitarren-Soli von Molly Schreiber. Das Ganze von Alex Klaus an den Drums quirlig nach vorn getrieben und von allen mit den typisch wogenden Vokalharmonien befeuert. Da ist schon ordentlich Wellengang drin – während Auftritte der Original-Beach-Boys längst wie Live-Museum wirken.

Im letzten Drittel steht alles an den Tischen, es wird wild getanzt, die junge Generation hätte wohl gesagt: »Oh, wie peinlich!« Aber die ist ja glücklicherweise nicht da. So kann die Jugend von einst das Sommer-Sonne-Lebensgefühl mitten auf der Alb ganz ungestört genießen. Bis hin zum Allzeit-Klassiker »Barbara Ann« als unvermeidlichem Schlusspunkt samt mehreren Zugaben.

Eine Version darf natürlich am Ende nicht fehlen: »Surfen auf’m Baggersee«. Der nächste Sommer kommt bestimmt, dann wird das Board ausgepackt. Es muss ja nicht in Kalifornien sein. (GEA)