TÜBINGEN. Am vergangenen Freitag wandten sich auf einer Pressekonferenz in Tübingen und in einem offenen Brief sieben Kulturinstitutionen und Fördervereine gegen Pläne der Stadt Tübingen, dem Zimmertheater den Zuschuss zu kürzen. Sie befürchten einen kulturellen Kahlschlag. Nun hat sich auch das Team des Zimmertheaters erneut zu Wort gemeldet und malt ein wenig erfreuliches Bild von der Zukunft des Hauses, sollte der Tübinger Gemeinderat die Kürzungen beschließen.
Man sei »zutiefst erschüttert über die von der Stadtverwaltung vorgelegten Pläne, die städtische Förderung um mehr als 25 Prozent zu kürzen und für drei Jahre keine Tarifkostensteigerungen zu berücksichtigen«. Diese drastischen Einschnitte stellten eine existenzielle Bedrohung für das Theater und seine Beschäftigten dar, heißt es in einer Mitteilung des Theaters, das auch als ITZ (Institut für theatrale Zukunftsforschung im Tübinger Zimmertheater) bekannt ist.
290.000 Euro weniger
Die Theaterleitung weist die Behauptung entschieden zurück, keinerlei Einsparungen mitzutragen. Einsparmöglichkeiten seien im Jahr 2026 nur in sehr engem Rahmen möglich, da laufende Verträge mit Personal und Dienstleistenden in der Regel bis September 2026 bindend seien. Die durch Stellenabbau ab September 2026 möglichen Kostenreduktionen reichten allerdings nicht zur Einsparung der von der Stadtverwaltung geforderten 290.000 Euro.
Darüber hinaus, so das Zimmertheater-Team, bleibe nur die Möglichkeit, die sogenannten freien Mittel zu kürzen. »Die geplante Kürzung der städtischen Förderung wird deshalb unweigerlich zur Einstellung des Spielbetriebs im Frühjahr 2026 führen, da kaum Budget zur Kunstproduktion übrig bleibt.«
Abhängig davon, wie früh der Spielbetrieb eingestellt werde, müsse in der Folge ab September 2026 mehr oder weniger Personal abgebaut werden, heißt es weiter in der Mitteilung des Theaters. »Die aktuellen Berechnungen zeigen, dass das Personal um mindestens acht Stellen bis hin zu 15 Stellen abgebaut werden muss – bei aktuell 21 Planstellen. Die Größe dieser Einsparungen beeinflusst wiederum, wann und ob der Spielbetrieb im Jahr 2027 wieder aufgenommen werden kann.«
In jedem Fall müssten die Diskurs- und Vermittlungsformate wie Einführungen und Nachgespräche in den folgenden Jahren wegfallen. Darüber hinaus könne auch kein Cafébetrieb, kein Vorverkauf, keine Kartenreservierung und keine telefonische Beratung mehr angeboten werden. Ein für die Stadtgesellschaft offenes Theater als sogenannter Dritter Ort werde es dann nicht mehr geben.
»Der Übergang von einer Spielzeit in die nächste mit dazugehörigen Nichtverlängerungs- und Kündigungsfristen muss sich in einer verantwortungsvollen Sparpolitik widerspiegeln, damit wir auch noch 2027 spielfähig sind«, erklärt Roman Pertl, kaufmännischer Leiter des Theaters. Die Aussage von Gundula Schäfer-Vogel, Tübinger Bürgermeisterin für Soziales, Ordnung und Kultur, die nächsten zwei Jahre seien auch mit dem Sparvorschlag gesichert, entspreche »schlichtweg nicht der Realität«, so Pertl.
Das zusätzliche Vorhaben der Stadtverwaltung, die Förderung auf drei Jahre auf einem gesenkten Niveau festzuschreiben und damit jeglicher Beteiligung von Tarifkostensteigerungen eine Absage zu erteilen, bedeute weiterhin eine jährliche Kürzung des freien Budgets durch die Hintertür, da auch hier nur Einsparungen im freien Kunstbudget möglich wären.
»Ein solcher Kahlschlag mit anschließendem Ausbluten wird die künstlerische Qualität erheblich beeinträchtigen und das Angebot des Zimmertheaters drastisch einschränken«, warnt Corinna Huber, Dramaturgin und stellvertretende Intendantin.
Ratssitzung am Donnerstag
Peer Mia Ripberger, seit 2018 Intendant des Hauses, ergänzt: »Wir verstehen, dass die Haushaltssituation der Stadt sehr angespannt ist. Doch das Zimmertheater kann eine derart große Last nicht schultern, ohne sein künstlerisches Profil komplett aufzugeben. Unser Ziel war es immer, professionelles, zeitgenössisches und relevantes Theater für eine Universitätsstadt zu schaffen. Mit diesen Kürzungen würde dieses Profil unwiederbringlich zerstört.«
Die Beschäftigten des ITZ appellieren an den Gemeinderat und die Öffentlichkeit, sich für den Erhalt ihres Stadttheaters einzusetzen und »gemeinsam mit der Theaterleitung verantwortungsvolle Lösungen zu finden, die das kulturelle Herz der Universitätsstadt bewahren«.
Im Zuge der Haushaltsberatungen steht das Thema »Tübinger Zimmertheater GmbH – Konsolidierungsmaßnahmen« am Donnerstag, 16. Januar, ab 17 Uhr auf der Tagesordnung des Gemeinderats. Vor der Sitzung ist – um 16.30 Uhr – eine Kundgebung auf dem Tübinger Marktplatz gegen die geplanten Kürzungen angekündigt. (eg/cbs)