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Das Tübinger Duo Coindra geht auf »Balconia-Tour«

Sangita Wyslich (links) und Katharina Ostarhild spielen in Privatgärten oder vor Balkonen gegen die Coronakrise an.  FOTOS: SÄMA
Sangita Wyslich (links) und Katharina Ostarhild spielen in Privatgärten oder vor Balkonen gegen die Coronakrise an. Foto: Gisela Sämann
Sangita Wyslich (links) und Katharina Ostarhild spielen in Privatgärten oder vor Balkonen gegen die Coronakrise an.
Foto: Gisela Sämann

KIRCHENTELLINSFURT. Das haben wir uns nun wirklich verdient nach den vielen Wochen des sehr, sehr, sehr Vernünftigseins: einen warmen Frühlingsabend, zwei liebe Freunde in zwei Metern Reichweite, ein schönes Glas Sekt – und dazu ein genussvolles Konzert auf unserer Terrasse mit dem Duo Coindra. Die Info, dass die Tübinger Musikerinnen Katharina Ostarhild und Sangita Wyslich als Corona-Trostpflaster in Privatgärten oder vor Balkonen spielen wollen, war kaum auf dem Markt, da hatten wir die beiden schon engagiert. Und jetzt – Tusch! – ist bei uns die Premiere der Coindra-»Balconia-Tour«.

Es sind harte Zeiten für Künstler, denen über Nacht die Auftrittsmöglichkeiten weggebrochen sind. Dabei geht es nicht nur ums Finanzielle, sagt Katharina Ostarhild: »Wir vermissen unser Publikum!« Und das Publikum vermisst sie. Virtuelle Online-Konzerte waren für Coindra keine Alternative – zu steril, das alles. Schon gar bei der irisch-keltischen Musik, die die beiden am liebsten spielen. Die passt nun mal am besten in rappelvolle Pubs oder Clubs, wo der Kontakt zum Publikum intensiv ist. Live wollten die Geigerin und die Gitarristin auch in diesen Krisenzeiten musizieren.

Requisiten-Ablage auf der Terrasse: In den bunten Hut wandern nachher die Spenden fürs Mini-Konzert.
Requisiten-Ablage auf der Terrasse: In den bunten Hut wandern nachher die Spenden fürs Mini-Konzert. Foto: Gisela Sämann
Requisiten-Ablage auf der Terrasse: In den bunten Hut wandern nachher die Spenden fürs Mini-Konzert.
Foto: Gisela Sämann

Und so entstand die Idee der »Balconia-Tour«: Coindra geht dorthin, wo das Publikum ist. Die beiden Freundinnen spielen auf Bestellung im Freien mit dem nötigen Abstand, aber mit dem nötigen Kontakt zu ihren Zuhörern. Einen festen Preis für den Auftritt gibt es nicht; sie bringen einen bunten Hut mit, und was als Spende am Ende des ungefähr halbstündigen Mini-Gigs dort hineinwandert, wird dankend angenommen. Natürlich wollen sie so bald wie möglich wieder ausgewachsene Konzerte für feste Gage spielen. Aber im Moment, sagt Katharina Ostarhild, »ist die Herz-Ebene wichtiger«.

Ans livemusikalisch ausgehungerte Herz gehen schon die ersten Klänge. Der Nachbar hinten hat gerade noch rechtzeitig aufgehört, seine Steinplatten zu kärchern, und so sind die irischen Jigs und Reels ein reines Vergnügen. Bevor tatsächlich vor lauter Rührung die Tränen kullern, macht man doch lieber die Augen zu und träumt sich weg in den letzten Urlaub auf der grünen Insel. Wenn man die Augen wieder aufmacht, ist das heimische Frühlingsgrün auch nicht die schlechteste Kulisse. Die Vögel zwitschern munter mit, das Sumpfmeisenpärchen wie immer am lautesten. Später hören wir von der Nachbarin links, dass auch sie sich über die unerwartete Freiluftunterhaltung gefreut hat.

»Im Moment ist die Herz-Ebene wichtiger als die Gage«

Es gibt wie bei einem richtigen Konzert Ansagen zu den Stücken, zum »Lonesome Jig« beispielsweise, »der kein Jig ist und alles andere als lonesome«. Oder zu »Letterfrack«, das die Musikerinnen im gleichnamigen Ort in Connemara einstudiert haben. »Es hat einen komischen Titel, und weil uns der Name Letterfrack so gefallen hat, haben wir das Stück umbenannt«. Dann singen Sangita Wyslich und Katharina Ostarhild: Unter anderem »Both Sides The Tweed«, ein Lied über Freiheit, Freundschaft und Ehre, dessen uralter Text auf den schottischen Jakobitenaufstand zurückgeht. Aus der Rainbow-Bewegung kommt der Song »In The Garden Of My Soul«, und eine Ode an den Sommer gibt es auch noch. Es passen viel Musik und viel Freude hinein in den kurzen Auftritt. Als Vier-Personen-Publikum einen rauschenden Applaus hinzukriegen, ist nicht ganz einfach – aber wir bemühen uns nach Kräften. Sangita Wyslich und Katharina Ostarhild sind ebenfalls glücklich und zufrieden mit der Premiere ihrer »Balconia-Tour«. Etliche weitere Auftritte sind bereits vereinbart.

So versuchen die Zwei von Coindra, aus der Krisenzeit das Beste zu machen. Sangita Wyslich lebt ausschließlich von der Musik und kommt derzeit mit Unterricht über die Runden. Katharina Ostarhild, die neben dem Musizieren noch als Erzieherin arbeitet, bietet Outdoor-Gitarrenstunden an. Sie spielt auch bei Bands wie Wooden Merge oder Tanglefoot mit: Der letzte Band-Auftritt war Mitte März. Aber so langsam gibt es ja wieder Lockerungen, so langsam darf man den Kopf ein bisschen rausstrecken aus dem Corona-Loch. Und vielleicht, nein: hoffentlich ist die »Balconia-Tour« der Auftakt zu besseren Zeiten. (GEA)

 

www.coindra.de