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Das Bill Frisell Trio im Sudhaus: Leiser Ton, große Botschaft

Bill Frisell im Sudhaus.  FOTO: MORAWITZKY
Bill Frisell im Sudhaus. Foto: Thomas Morawitzky
Bill Frisell im Sudhaus.
Foto: Thomas Morawitzky

TÜBINGEN. Der schwebende Klang sei ner Gitarre, sein lyrisch komplexes Spiel sind unverkennbar. Der Saal des Tübinger Sudhauses ist am Freitagabend nahezu ausverkauft, rund 350 Menschen sind gekommen, um einen der eigenwilligsten, renommiertesten Gitarristen der Gegenwart zu hören – Bill Frisell spielt, im Trio mit Kenny Wollesen und Tony Scherr.

Drei Musiker sind zu Gast, die seit Jahrzehnten aus der US-amerikanischen Jazz-Szene nicht wegzudenken sind. Frisell, 71 Jahre alt, gehört zum Kreis der Musiker um den New Yorker Saxofonisten und Komponisten John Zorn, spielte mit Zorns Band Naked City rasend schnellen, harten und aggressiven Jazz, spielte mit Zorns Gnostic Trio entrückte, meditative Klangbilder. Auch Wollesen war Mitglied dieses Trios, war ebenfalls dabei, als Frisell mit »All We Are Saying« 2011 seine instrumentale Hommage an John Lennon aufnahm. Im Sudhaus nun sitzt der vielseitige Perkussionist hinter einem schlichten Drum-Set. Mit Scherr gehört noch einer jener Studio-Musiker, die seit den 1980er-Jahren in der Szene von Downtown Manhattan zirkulieren, zur Band, spielt hier den Kontrabass.

Ein stetiger Fluss

Bill Frisell hat früh zu einem eigenen Stil gefunden, der ihn hin führte zu raffinierten, dabei ganz stillen, in sich gekehrten Interpretationen US-amerikanischer Traditionals; er schlug die unwahrscheinlichste Brücke zwischen Jazz und Country. Die beiden Sets, die er mit seinem Trio im Sudhaus spielt, verweben solche Melodien nahtlos, lassen sie aufgehen in die sanft fließenden Klangbilder, wieder emportauchen. Bill Frisells Musik ist ein stetiger Fluss, der sich immer wieder zu erkennbaren Strukturen verdichtet, aus dem Themen hervortreten, Songs, die, selbst geradezu skelettiert zu ihren prägnantesten Motiven, Intervallen, zum Spielplatz einer melodisch mäandernden Fantasie werden, beständig zwischen der einfachsten Form und allen Facetten des freien, komplex nuancierten Spiels oszillieren.

Frisell ist ein Meister des leisen, sehr genau gesetzten, und des kräftigen Tons, ein Meister der gesamten dynamischen Bandbreite, über die sein Instrument verfügt. Wechseln andere Gitarristen im Konzert gerne oftmals die Gitarre, bleibt Frisell bei dieser einen, entlockt ihr eine ganze Welt an Klang und greift dabei zuletzt erst zu einem Plektron, um einen harten Anschlag zu erzielen, seine Zugabe mit einem Pathos zu versehen, das der Rockmusik nahe kommt. Zuvor schon verwandelte er Stücke wie Henry Mancinis »Moon River« in ein schwerelos impressionistisches Gemälde, das sich mit großem Gefühl zur Melodie verdichtete; Wollesen und Scherr umkreisten ihn dabei in delikater Zurückhaltung, setzten ihre Akzente. Nun spielt das Bill Frisell Trio, auf seine ganz eigene Weise, »We Shall Overcome« – ein Stück, das instrumental, mit großer Hingabe, großem Können interpretiert, im Jahr 2022 mehr sagt als alle Worte. (GEA)