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Ziegenmelker ist weg: Weg für Anbau der Tübinger Uniklinik ist frei

Die Sichtung eines streng geschützten Vogels hat bislang den Erweiterungsbau für die Uniklinik Tübingen verhindert - für Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer eine »Bürokratie-Posse« . Diese hat jetzt ein Ende.

Der Ziegenmelker steht auf der roten Liste der gefährdeten Arten. An der Uniklinik hat ein Exemplar neun Jahre lang gelebt.
Der Ziegenmelker steht auf der roten Liste der gefährdeten Arten. An der Uniklinik hat ein Exemplar neun Jahre lang gelebt. Foto: Grzegorz/adobe stock
Der Ziegenmelker steht auf der roten Liste der gefährdeten Arten. An der Uniklinik hat ein Exemplar neun Jahre lang gelebt.
Foto: Grzegorz/adobe stock

TÜBINGEN. Gute Nachrichten für die Uniklinik Tübingen und den benachbarten Wald: Der Ziegenmelker ist verschwunden! Der seltene und streng geschützte Vogel hatte zuletzt den dringend benötigten Erweiterungsbau des Klinikums blockiert. »Er ist unbekannt verzogen, altershalber gestorben oder von einer Katze erwischt worden«, schreibt Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer in einem Facebook-Post. »Für den Ziegenmelker tut es mir leid.« Aber jetzt könne der Ausbau wie geplant stattfinden und es müssten keine Bäume gefällt werden, »um dem Vogel einen fiktiven neuen Lebensraum zu schaffen«.

Als Beweis veröffentlichte Palmer den Screenshot einer E-Mail von Regierungspräsident Klaus Tappeser. »Wir können Ihnen bestätigen, dass aus naturschutzfachlicher und -rechtlicher Sicht keine Gründe gegen eine Erweiterung des Uniklinikums Tübingen bestehen«, schrieb Tappeser an Palmer. »Folglich kann die Erstellung des Bebauungsplans weitergeführt werden, sodass aus Naturschutzsicht der anvisierte Baubeginn im Herbst 2027 möglich sein dürfte.«

Die Uniklinik hatte laut der Mail ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben, ebenso der Landesbetrieb "Vermögen und Bau Baden-Württemberg". Beide Gutachten kamen zu dem Ergebnis, dass der Ziegenmelker nicht mehr in dem Gebiet vorkommt. Palmer dankte in seinem Post auch Clara Geywitz, der Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (SPD), die nach seiner "verzweifelten Schilderung des Problems bei Markus Lanz in der Sache erfolgreich geholfen" habe. Wie genau, das verriet Palmer nicht.

In der ZDF-Talkshow hatte Palmer im April die Situation öffentlich gemacht und betont, dass die »Bürokratie-Posse« Menschenleben gefährden könne. Den Stein ins Rollen gebracht hatte ein Patient, der ein Exemplar des Ziegenmelkers über den Dächern des Klinikums und des angrenzenden Campus Morgenstelle gesichtet hatte. Da der Vogel auf der roten Liste der gefährdeten Arten steht, forderte die Naturschutzbehörde, ein Ausweichgebiet für ihn zu schaffen. Das Konzept sah vor, zehn Hektar Wald in der Nähe der Klinik zu roden, um dem Vogel Brutmöglichkeiten zu bieten – obwohl er dort schon seit über einem Jahr nicht mehr gesichtet worden war. Für den gerodeten Wald hätte an anderer Stelle Bäume gepflanzt werden sollen.

Ziegenmelker ist schon seit 2023 verschwunden

Neun Jahre lang hatte der Ziegenmelker laut einer Sprecherin des Regierungspräsidiums sein Revier an der Uniklinik. Das ging aus einem Gutachten hervor. Doch seit 2023 war er verschwunden. Trotzdem durfte nicht gebaut werden, da das Gebiet weiterhin als »Ziegenmelker-Erwartungsland« eingestuft war – mit der Begründung, dass der Vogel irgendwann zurückkehren könnte. Palmer kritisierte dies als unverhältnismäßig und wandte sich mit einem Schreiben an Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Das Staatsministerium sicherte daraufhin Unterstützung zu.

Sechs Monate später ist der Weg für den Klinikausbau frei. Aufgrund der beiden neuen Gutachten geht das Regierungspräsidium Tübingen davon aus, dass der Ziegenmelker sein Revier endgültig aufgegeben hat. »Das ist Entbürokratisierung«, freut sich Palmer in seinem Facebook-Kommentar. Land, Universität und Klinikum können nun wie geplant in den kommenden zehn Jahren über eine halbe Milliarde Euro in Forschung, Lehre und Patientenversorgung investieren. (GEA)