TÜBINGEN. Das Vorhofflimmern ist die häufigste Form von Herzrhythmusstörungen. In Europa sind schätzungsweise über elf Millionen Menschen betroffen. Als eines der ersten Zentren in Deutschland bietet die Uniklinik Tübingen nun eine neue Behandlungsmethode an. Statt auf Hitze oder Kälte, setzen die Kardiologen auf elektrische Impulse, um das Herzgewebe, das den unregelmäßigen Herzschlag verursacht, zu behandeln.
Bei Vorhofflimmern führen unregelmäßige elektrische Impulse in den Vorhöfen dazu, dass sich diese unkoordiniert zusammenziehen. Ein unregelmäßiger und oft schnellerer Herzschlag ist die Folge, der sich für manche Patienten wie ein Flattern in der Brust anfühlt. Vorhofflimmern ist akut zwar nicht lebensgefährlich, kann aber langfristig das Risiko für einen Schlaganfall erhöhen und eine bestehende Herzschwäche verschlimmern.
Hochenergetische Stöße
Moderne Behandlungstechniken können diese Risiken senken. Zu diesen Methoden gehört auch eine neue Ablationstechnologie, die sogenannte Elektroporation (englisch: Pulsed Field Ablation) nutzt. Das System nennt sich Varipulse. »Im Unterschied zu herkömmlichen Verfahren, bei denen Hitze oder Kälte verwendet werden, um Gewebe zu veröden, setzt die Pulsed-Field-Ablation auf elektrische Impulse«, erklärt David Heinzmann, Leiter der Elektrophysiologie in der Abteilung für Kardiologie an der Uniklinik Tübingen.
Die Impulse werden in sehr kurzen und hochenergetischen Stößen abgegeben und erzeugen kleine Poren in der Zellmembran. Dadurch werden die für das Vorhofflimmern verantwortlichen Areale im Vorhof des Herzens präzise verödet. Angrenzende Organe und Gewebe werden dabei geschont. Für den Eingriff wird ein spezieller Katheter von der Leiste aus über die Blutgefäße bis zum Herzen geführt. Das Risiko für Nebenwirkungen und Komplikationen ist gering einzustufen. Mit dem neuen System erhalten die Mediziner die Möglichkeit, eine dreidimensionale Echtzeit-Visualisierung der Herzstruktur darzustellen.
Das zu behandelnde Gewebe wird präzise sichtbar gemacht und die Position des Katheters kann kontrolliert werden. Der Eingriff kann daher individuell an die Bedürfnisse des Patienten angepasst werden. Die ersten erfolgreichen Eingriffe hat das Team der Elektrophysiologie bereits Anfang Oktober durchgeführt. (eg)