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Tübinger Tafel erklärt wieso sie schließen muss

Die Tübinger Tafel erklärt in einer ausführlichen Stellungnahme, wieso sie in Zeiten des Coronavirus keine andere Möglichkeit gesehen hat, als ihren Laden bis voraussichtlich zum 17. April zu schließen.

Rostocker Tafel
Die Tafeln sammeln bei Produzenten, Lebensmittelhandel oder Veranstaltungen überschüssige aber noch einwandfreie Lebensmittel ein, die sonst im Müll landen würden. Foto: Danny Gohlke/dpa
Die Tafeln sammeln bei Produzenten, Lebensmittelhandel oder Veranstaltungen überschüssige aber noch einwandfreie Lebensmittel ein, die sonst im Müll landen würden. Foto: Danny Gohlke/dpa

TÜBINGEN. Reinhardt Seibert von der Tübinger Tafel beschreibt in einer Pressemeldung ausführlich, wieso sich der Verein schweren Herzens entschlossen hat, vorsichtshalber zu schließen:

"Wir danken sehr für die zahlreichen Angebote, auch in diesen schwierigen Zeiten die Tübinger Tafel bei Ihrem Bestreben "Lebensmittel zu retten und an Bedürftige zu verteilen" zu unterstützen. Lange hat der Vorstand mit den Bereichsleitern diskutiert, wie bei 168 ehrenamtlichen Mitarbeitern, von denen nach Definition der Gesundheitsbehörden ca. 80% zu Risikogruppen gehören, die notwendigen wöchentlich geleisteten 700 Stunden Ehrenamt größtenteils zu ersetzen sind. Dabei müssen nicht nur die Erfahrungen der Teams umgesetzt, sondern auch von Gesundheitsämtern definierte Regeln der Wahrung des Abstandes von 1 – 2 m berücksichtigt werden. Im Augenblick fallen dabei folgende Aufgaben an, die weitgehend übernommen werden müssten:

Von Montag bis Freitag sammeln täglich 2 Sprinter mit jeweils 3 Fahrern/Beifahrern in 2 Touren bei 90 Geschäften in ca. 5-6 Stunden Lebensmittel ein. Dies erfordert für die lange geplanten und wohl überlegten Touren mindestens 10 Fahrer mit Erfahrung und Orts-, Routen- und Ansprechpartner-Kenntnis, sowie weitere 30 Beifahrer, die je Tour Dutzende große Körbe schleppen. Da 3 Personen in der Fahrerkabine sitzen ist der definierte Abstand nicht gewahrt.

Von Montag bis Freitag werden von 6-10 Personen in der Vorbereitung die eingesammelten Lebensmittel in einem ca. 50 qm großen Raum in Körbe für den Verkauf umsortiert. Langjährige Erfahrung der Teams bestimmen Zwischenlagerung im Kühlraum, Aussortieren von dem den Anforderungen der Kunden nicht mehr entsprechenden Obst und Gemüse und Einsortieren nach Sorten in Ausgabekörbe, sowie Berücksichtigung von MHD oder Verbrauchsdatum. Hierbei sind von den Teams Erfahrung und durch längere Zusammenarbeit optimierte Prozesse gefordert. Der geforderte Abstand ist in dieser Arbeitsatmosphäre kaum zu wahren.

An 4 Nachmittagen wird nachmittags an jeweils ca. 80 Haushalte Lebensmittel ausgegeben. Auch wenn wir ein beispielhaftes rotierendes Nummernsystem haben, befinden sich gleichzeitig meist 10 Personen im Warteraum und 15-20 Personen ca. 15 Minuten im Verkaufsraum, um an 4 Theken von jeweils 2 Personen bedient zu werden. Vom Personal wird Erfahrung erwartet, die vorhandenen Mengen an Obst- und Gemüsesorten, Backwaren und Milchprodukten an Einzelpersonen bzw. Haushalte mit bis zu 10 Personen so gerecht zu verteilen, dass bis Ende der Verkaufszeit jeder genügend bekommt. Neben 1-2 Personen für Einlass und Kasse sind 7-8 Mitarbeiter mit Verkauft beschäftigt (in dem Raum ist unter diesen Bedingungen der Abstand nicht einhaltbar) und 2 Personen sorgen für Nachlieferung aus dem Hintergrund und Kühlraum. Täglicher Umsatz mindestens 50 Körbe (ca. 40 L Inhalt).

Anhand dieser Aufgaben werden der notwendige Einsatz von wöchentlich ca. 100 Ehrenamtlichen und die Problematik des Arbeitens unter Hygienevorgaben deutlich. Zur Durchführung dieser Aufgaben reicht fast immer eine Einweisung an einem Tag nicht aus. Es muss außerdem am Vortag Sicherheit bestehen, dass Personenanzahl und Erfahrung im Team gesichert sind. Außerdem bedeuten die uns betreffenden Vorschriften, dass jeder aktive Mitarbeiter in die Bestimmungen der Hygiene, des Arbeitsschutzes, des Datenschutzes und des Gleichstellungsgesetzes eingewiesen wird und ein eine Vertraulichkeitserklärung unterschreibt.

Auch wenn wir einige Teilaufgaben mit freiwilligen Ehemaligen begleiten könnten, haben wir bisher trotz intensiver Diskussion noch keine Lösungsmöglichkeiten gefunden, Ehrenamtliche und ältere Kunden nach den Vorgaben von Bund und Land zu schützen.

Wir danken für die Hilfsangebote, jede Unterstützung und sind für jeden realisierbaren Vorschlag offen." (pm)