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Aktuell Bahnverkehr

Tübingens OB Palmer schimpft über sechs Wochen Stillstand auf der Ammertalbahn

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer ist bekannt dafür, deutliche Kritik an der Deutschen Bahn zu üben. Aktuell zeigt er kein Verständnis für die sechswöchige Streckenstilllegung auf der Schiene zwischen Tübingen und Herrenberg, der Ammertalbahn.

Die Elektrifizierung der Ammertal- und Ermstalbahn ist abgeschlossen. Am Montag fahren die ersten Züge. Sie treffen Samstagnacht
Die Elektrifizierung der Ammertalbahn ist längst vollzogen. Doch für sechs Wochen fahren auf der Strecke keine Züge, weil der Strom abgestellt wird. Dieselfahrzeuge hat die Bahn nach eigenen Angaben nicht genügend. Foto: Norbert Leister
Die Elektrifizierung der Ammertalbahn ist längst vollzogen. Doch für sechs Wochen fahren auf der Strecke keine Züge, weil der Strom abgestellt wird. Dieselfahrzeuge hat die Bahn nach eigenen Angaben nicht genügend.
Foto: Norbert Leister

TÜBINGEN. Im Netz erntet Tübingens OB Boris Palmer nahezu ausschließlich Zustimmung für seine erneute scharfe Kritik an der Deutschen Bahn. Der Rathaus-Chef schimpft auf seiner Facebookseite geradezu darüber, dass der Konzern vom 30. Juli bis zum 8. September keine Züge zwischen der Unistadt und Herrenberg einsetzt.

»Dieses Jahr schießt die Bahn aber den Vogel ab. Statt auf der Ammertalbahn ein ordentliches Ersatzzugprogramm zu fahren, will die DB in den Sommerferien auch diese Strecke schließen«, schreibt Palmer. Der prominente und ehemalige Grünen-Politiker ist als Fan des Schienenverkehrs bekannt. Deshalb scheint ihn dieses Vorgehen der Bahn auf der beliebten Regionalstrecke besonders zu ärgern: »Ein echtes Programm zur Erziehung zum Autokauf«, schimpft er. 

»Es ist eine Bankrotterklärung«

Es sei völlig unverständlich, wieso die Bahn zeitgleich mit der Streckensperrung zwischen Tübingen und Stuttgart, jetzt auch noch die Verbindung zwischen Tübingen und Herrenberg schließe. 

Die Begründung von DB Regio lässt Palmer derweil nicht gelten. In einer Mitteilung der Bahntochter heißt es sinngemäß: Weil die Streckensperrung zwischen Tübingen und Nürtingen auch eine Abschaltung der elektrischen Oberleitung im Tübingen Hauptbahnhof einschließe, könne auch der Betrieb mit Elektrozügen von und nach Herrenberg nicht gewährleistet werden.

Den Zugverkehr in den Sommerferien alternativ mit Dieselzügen zu betreiben, sei nicht möglich, begründet die Bahn ihren Schritt weiter. Sie habe nicht genügend Dieselfahrzeuge dafür.

»Ungefähr so wie eine Vollsperrung der B27 und der B28 zur gleichen Zeit«

Palmer poltert: »Dass die DB nicht in der Lage sei, ausreichend Fahrzeuge für eine Strecke zu finden, die sich mit zwei Zugpaaren betreiben lässt, ist eine Bankrotterklärung.« Und weiter: »Was die Bahn da macht, ist ungefähr so wie eine Vollsperrung der B27 und der B28 zur gleichen Zeit.« 

Palmer bekommt auf seiner Facebookseite für seine Kritik viel Zuspruch und die Bahn gleichzeitig sogar recht konkrete Vorschläge. So schreibt Thomas U. Demel: »In der FIBA Ulm stehen haufenweise überzählige 628, 644, 650 und 612.« Gemeint sind Dieselloks verschiedener Baureihen und FIBA ist die Abkürzung für Fahrzeuginstandhaltungs, -behandlungs und -abstellanlage. Palmer kommentiert kurz und knapp: »So sehe ich das auch.« 

Die Bahn scheint sich allerdings bereits entscheiden zu haben und erkennt das umfassende Problem auf der Schiene. In ihrer Pressemitteilung heißt es dann auch: »Dass nun sowohl der Schienenersatzverkehr auf der Neckar-Alb-Bahn und der Ammertalbahn zusammenfällt, führt dazu, dass die Relation Tübingen – Stuttgart komplett von der Schiene abgehängt wird.«

Mit anderen Worten, auf den beiden Verkehrsachsen setzt die Bahn auf Schienenersatzverkehr, also Busse. Einen entsprechenden Bus-Fahrplan für die Ammertalbahn gibt es bereits.

Mittlerweile hat Boris Palmer seine Kritik in Form eines offenen Briefes an die Deutsche Bahn geschickt. Dieser Brief, der dem GEA im Wortlaut vorliegt, fasst den Unmut des Oberbürgermeisters für die für Baden-Württemberg verantwortliche Managerin, Dr. Clarissa Freundorfer zusammen.

Tonfall und Inhalt ähneln dem vorangegangenen Facebook-Posting. So schreibt Palmer unter anderem: »Mit ungläubigem Entsetzen habe ich aus der Presse erfahren, dass Tübingen in den Sommerferien vom Bahnverkehr zum Knoten Stuttgart und damit zu 90 Prozent der innerdeutschen Ziele komplett abgekoppelt werden soll.« Er schlägt der Bahn-Verantwortlichen zum Schluss konkret vor: »... zu prüfen, ob die Deutsche Bahn vier Schienenfahrzeuge für den Verkehr zwischen Tübingen und Herrenberg bereitstellen kann.« (GEA)