MÖSSINGEN. Das Projekt wurde lange und kontrovers diskutiert: Ist es angebracht, rund 1,5 Millionen Euro für die Gestaltung einer bereits bestehenden Grünanlage auszugeben? Kritische Stimmen rechneten vor, um wie viel effektiver es für das Klima gewesen wäre, mit dem Geld 15 000 Streuobstbäume zu pflanzen.
»Also alles zu lassen, wie es ist?«, fragte Oberbürgermeister Michael Bulander, und gab sich am Montag zugleich davon überzeugt, dass die Neugestaltung des Mühlegärtle-Parks an der Steinlach notwendig und sinnvoll sei. »Das ist vor dem Hintergrund des Klimawandels von entscheidender Bedeutung«, sagte er beim Spatenstich, zu dem ein halbes Hundert Gäste gekommen waren. Darunter auch einige Demonstranten, die die Landschaftsversiegelung durch den B 27-Neubau anprangerten. Bulander versprach ihnen augenzwinkernd, dass die Trasse zwar durchs Steinlachtal verlaufe, aber das Mühlegärtle nicht tangiere.
Das ist ein rund 140 Meter langer renaturierter Böschungsbereich zwischen dem Steinlachwehr an der Hirschgasse und dem Brückenschlag von Sulz- zur Bädergasse. Der Park war 1993 als Erholungsraum im Ortszentrum errichtet worden. Boulebahn, Sitzbänke und Spielplatz sind in die Jahre gekommen und erneuerungsbedürftig.
Die Vernachlässigung und Randlage brachten auch soziale Probleme mit sich, führten zur Vermüllung, worunter die Attraktivität leidet. Ziel sei es, so der OB, »eine Oase mitten im Ort zu schaffen, wo sich alle Generation erholen und entspannen können«. Dazu gehöre, die parallel verlaufende Steinlach, die meist hinter Buschwerk versteckt liegt, »sichtbarer und erlebbarer zu machen«. Es fehle an Sitzmöglichkeiten und Aussichtspunkten, an Bewegungs- und Spielangeboten für alle Altersgruppen zur Erholung. Nach Workshops hatten Planungsbüros Konzepte erarbeitet, die 2019 vorgestellt und vom Gemeinderat gut geheißen wurden.
Der parlamentarische Umwelt-Staatssekretär Chris Kühn unterstrich die bundespolitische Bedeutung des Projekts, das von der Initiative »Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel« mit 747 000 Euro gefördert wird. »Hier werden zwei zentrale Fragen des Klima- und Artenschutzes angegangen.« Die Region werde Ende des Jahrhunderts in eine Klimazone südlich der Alpen rutschen, »deshalb braucht es den Umbau der grünen Infrastruktur in Städten zu kühlen Aufenthaltsorten in Hitzesommern.«
Ex-Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz zeigt sich froh, »dass die Mühle im Mühlengärtle zwar zweieinhalb Jahre gemahlen habe, bis der Spatenstich erfolgen konnte. Nun kommt aber endlich etwas in Bewegung, was uns allen guttut.« Man dürfe auch die kleinen Flüsse und ihren Wert als Biotop nicht vergessen.
Landschaftsarchitekt Joachim Koeber wird die beiden Zugänge zum Park verbessern, "damit man deutlich erkennt, hier beginnt ein ganz besonderer Ort". Er bat darum, an das Projekt "nicht zu viele Erwartungen hinsichtlich Biodiversität oder Klimaverbesserung zu stellen". Für ihn ist der Ort "ein Treffpunkt der kurzen Wege für Menschen, die nicht mit dem Auto aus der Stadt fahren müssen, um sich mal in die Natur zurückzuziehen. Wenn alles klappt, wird der Park im Juli 2024 zum 1250 Jahre-Stadtjubiläum eröffnet werden. (GEA)