TÜBINGEN. Am 18. Juni (18.30 Uhr) spricht Dunja Hayali, Journalistin und Moderatorin (unter anderem heute journal), im Festsaal der Universität Tübingen (Neue Aula, Geschwister-Scholl-Platz). In ihrem Vortrag wird es um die neue Macht des Populismus gehen, die Dauerempörung im Diskurs und die Kunst des Streitens in einem Kommunikationsklima, das von der Sofort-Verurteilung von Andersdenkenden und Anderslebenden geprägt ist. Ihre Tübinger Rede, zu der das Institut für Medienwissenschaft und der SWR herzlich einladen (Eintritt ist frei), steht unter dem Titel: »Wenn der Dialog endet, können wir alle einpacken.«
Seit Jahren ist Dunja Hayali, deren Eltern aus dem Irak nach Deutschland kamen und die im westfälischen Datteln geboren wurde, rassistischen und sexistischen Anfeindungen ausgesetzt. Seit Jahren erhält sie Morddrohungen, wird in den sozialen Medien attackiert, aber weicht doch der Debatte und dem Streit nicht aus. Sie spricht mit AfD-Anhängern, interviewt Neo-Nazis, Corona-Leugner und Kritiker der Pandemie-Maßnahmen, lässt sich am Rande von Demonstrationen auf das Gespräch mit Verschwörungsideologen und »Lügenpresse«-Schreiern ein.
Mitunter veröffentlicht sie eine Auswahl wüster Beschimpfungen in den sozialen Netzwerken, liest Hass-Briefe öffentlich vor oder bringt die schlimmsten Attacken zur Anzeige. Vor allem jedoch wirbt sie – ohne Scheu, im schwierigen Ringen um eine stimmige Balance aus Verständnis und Konfrontationsbereitschaft – um den Dialog in der Breite der Gesellschaft. »Die Meinungen anderer aushalten«, so Dunja Hayali, »ohne sie pauschal und vorschnell zu abzuwerten. Erst einmal verstehen, fragen, zuhören, reden und sich dann ein Urteil bilden. Und dennoch im Falle menschenfeindlicher Ideologien klare Kante zu zeigen und Rassismus auch tatsächlich Rassismus zu nennen – darauf kommt es mir an.«
In ihrer Tübinger Rede macht sie diesen Balanceakt, das Ringen um das gesellschaftliche Gespräch und den konstruktiven Streit zum Thema. Sie berichtet von eigenen Erfahrungen als »Mensch mit Migrationsvordergrund«, wie sie sagt. Sie geht der Frage nach, wer eigentlich dazu gehört, wer mitdiskutieren darf, wem man zuhört – und wem nicht. Und wirbt für den Dialog und den kommunikativen Brückenbau in Zeiten der großen Gereiztheit.
Die thematische Einführung zur 19. Tübinger Mediendozentur, die inzwischen zu den größten Veranstaltungen der Universität gehört (bis zu 50.000 Menschen sehen sich einzelne Vorträge auf YouTube an, mehr als 1.000 Menschen sind regelhaft im Festsaal vor Ort), übernimmt der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen. Die anschließende Diskussion moderiert der Tübinger SWR-Studioleiter Marcel Wagner. (GEA)