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Erste Impfteams im Kreis Tübingen unterwegs: Fakten zur Corona-Impfung

Wie gelangt man an einen Termin? Und wie viel Impfstoff steht zunächst im Kreis bereit? Wir haben die wichtigsten Fakten zur Corona-Impfung im Kreis Tübingen zusammengestellt.

Michael Bamberg Impfzentrum Tübingen
Der echte Impfstoff wird in der Uniklinik in Kühlschränken verwahrt, die bis zu minus 90 Grad schaffen. Klinikchef Michael Bamberg zeigt eines der Fläschchen, die für den nötigen Probedurchlauf im Impfzentrum in der Horn-Arena dienen. Foto: Joachim Kreibich
Der echte Impfstoff wird in der Uniklinik in Kühlschränken verwahrt, die bis zu minus 90 Grad schaffen. Klinikchef Michael Bamberg zeigt eines der Fläschchen, die für den nötigen Probedurchlauf im Impfzentrum in der Horn-Arena dienen.
Foto: Joachim Kreibich

TÜBINGEN. Ein Zelt und eine provisorische Halle unmittelbar vor der Horn-Arena. Ein großer Schriftzug macht klar: Hier befindet sich der Eingang zum Impfzentrum. Ab Montag, 4. Januar, werden dort die ersten angemeldeten Impf-Kandidaten erwartet. Morgen starten Schulungen und ein interner Probelauf. Die ersten mobilen Impfteams hingegen, die ihre Termine mit der Heimaufsicht abklären, waren heute schon zu zwei Pflege-Einrichtungen im Landkreis unterwegs.

Wie funktioniert die Terminvergabe?

Die Terminvergabe fürs Impfzentrum erfolgt übers Land. »Die 116 117 ist die zentrale Nummer, die man sich merken muss«, sagt Landrat Joachim Walter. Auch sein Amt wurde am Montag mit Anfragen überschwemmt. Einige Anrufer kamen offenbar bis in sein Vorzimmer durch. Feuerwehr und Rettungsdienste berichten, dass viele Ungeduldige die 112 gewählt haben. Die ist aber als echte Notruf-Nummer für alles andere tabu. »Da kommen Notrufe nicht mehr durch, wenn die belegt ist«, warnt Martin Gneiting vom Roten Kreuz. Alternativ zur telefonischen Vereinbarung ist die Anmeldung übers Netz möglich unter www.impfterminservice.de/impftermine.

Wie läuft die Impfung in Pflege-Einrichtungen ab?

Die ersten beiden mobilen Impfteams sind heute gestartet. Sie haben Pflege-Einrichtungen in Nehren und Tübingen aufgesucht. Nacheinander werden fast 9.800 Bewohner in den Pflege-Einrichtungen der Landkreise Tübingen, Reutlingen, Zollernalb, Calw, Sigmaringen und dem Bodenseekreis geimpft – sofern sie und ihre Angehörigen das wollen. Ebenso die Mitarbeiter der stationären und ambulanten Pflege-Einrichtungen. Die Reihenfolge der Heime wird in Absprache mit der jeweiligen Heimaufsicht im Landkreis festgelegt. Lisa Federle vom Roten Kreuz betont: »Wir müssen erst mal zwei Tage Erfahrungen sammeln.«

Lisa Federle Impfzentrum Tübingen
Lisa Federle (rechts) mit dem Chef der Uni-Apotheke Hans-Peter Lipp. Foto: Joachim Kreibich
Lisa Federle (rechts) mit dem Chef der Uni-Apotheke Hans-Peter Lipp.
Foto: Joachim Kreibich

In welcher Reihenfolge werden Menschen geimpft?

Geimpft werden zunächst nur die Risikogruppen: Menschen, die 80 Jahre und älter sind; Beschäftige in medizinischen Einrichtungen, Rettungsdiensten oder ähnlichem arbeiten und dort leicht in Kontakt geraten mit Corona-Patienten; in den Heimen Bewohner und Betreuer. Als nächstes sollen Menschen ab 70 Jahren und mit Vorerkrankungen sowie etwa Menschen mit Demenz oder einer Behinderung geimpft werden.

Warum gibt es zwei Impfzentren an einer Stelle?

In der Horn-Arena wurden zwei Impfzentren zusammengelegt: das Zentrale Impfzentrum des Regierungsbezirks, das am Montag, 4. Januar, startet und das Kreis-Impfzentrum, das erst am 15. Januar seinen Betrieb aufnimmt. Insgesamt könnten bis zu 2.300 Impfungen am Tag vorgenommen werden. Weil aber noch nicht genug Impfstoff von Pfizer/Biontech verfügbar ist, werden anfangs nur 270 Menschen pro Tag geimpft. »Wenn Mitte Januar der Moderna-Impfstoff da ist, sieht es anders aus«, sagt Landrat Joachim Walter. »Wir können jederzeit den Schalter umlegen und hochfahren«, bestätigt Kreisbrandmeister Marco Buess.

Wie viel Impfstoff steht zur Verfügung?

4.800 Dosen pro Woche – das ist nicht viel, muss aber für den Anfang reichen. 2.400 wandern sofort ins Lager, weil die Impfung ja in drei Wochen mit dem gleichen Impfstoff wiederholt werden muss. 1.900 sind fürs Impfzentrum, 500 für die mobilen Impfteams, die die Pflege-Einrichtungen besuchen.

Wie viele Mitarbeiter helfen?

Im Vollbetrieb stehen in der Horn-Arena 18 Impfbahnen zur Verfügung. Eingeteilt in zwei Schichten arbeiten dann 300 Mitarbeiter von 7 bis 21 Uhr – 120 zählen zum medizinischen Personal, 180 kümmern sich um alles übrige. Weitere Freiwillige werden – Stand gestern – nicht mehr benötigt. Vom Registrieren bis zur Impfung soll nicht mehr als eine halbe Stunde vergehen. Nach einer weiteren halben Stunde Wartezeit werden die Geimpften entlassen.

Harsch lobt: eine Meisterleistung

Tübingens Sozialbürgermeisterin Daniela Harsch lobt die Zusammenarbeit. Die logistische Meisterleistung der Beteiligten nötigt ihr Respekt ab. In kürzester Zeit wurde aus einer Sporthalle ein doppeltes Impfzentrum, Rottenburg bietet den Basketballern ein Ausweichquartier. Ursprünglich waren vom Land zwei getrennte Impfzentren vorgesehen. Das hätte den Personalaufwand erhöht, die Logistik erschwert und vor der Horn-Arena nur zur Konfusion geführt.

Wie läuft die Impfung ab?

Im Zelt wird erst geprüft, ob die Teilnehmer auch angemeldet sind, dann werden sie einzeln aufgerufen. Von drinnen ist nur eine Tür zur Halle geöffnet. Die Wege sind weit. 400 Meter legt ein Impf-Kandidat zurück. Das liegt unter anderem daran, dass man Begegnungsverkehr und wartende Gruppen von mehreren Menschen unbedingt vermeiden wollte. Ein sechseinhalbminütiger Film gibt eine erste Übersicht, danach folgt individuelle Aufklärung durch einen Arzt – auch zu Risiken bei Allergien und Vorerkrankungen.

Wie lange werden die Impfzentren gebraucht?

Wie lange die Impfzentren gebraucht werden, kann derzeit niemand sagen. Die DRK-Vorsitzende Lisa Federle geht davon aus, dass irgendwann die Hausärzte das Impfen übernehmen. Gegenwärtig ist das aus verschiedenen Gründen nicht möglich. Erstens kann keiner den Impfstoff bei minus 70 Grad kühl halten. In Tübingen macht das die Uniklinik. Zweitens fehlt den Hausärzten die nötige Software. Auch Landrat Joachim Walter rechnet damit, dass die Corona-Impfung ähnlich wie der Grippeschutz irgendwann den Hausärzten übertragen wird, die ja auch ihre Patienten bestens kennen.

Wie ist die Impf-Lage an der Uniklinik?

Die Uniklinik bekam eine Extra-Lieferung mit 500 Impfdosen. Damit können die Ärzte und das Personal geimpft werden, die mit Covid-Patienten in Kontakt kommen. Das erfolgt nicht in der Horn-Arena, sondern in der Klinik selbst. Die Lage auf den Stationen: Am Montag wurden 40 Corona-Patienten in der Uniklinik behandelt, 15 davon wurden beatmet, darunter acht, die von anderen Kliniken nach Tübingen verlegt worden sind. Das sind aktuell weniger als in der ersten Welle: Damals waren es bis zu 80 Covid-Patienten gleichzeitig, davon 35, die beatmet werden mussten.

Wohl keine Hausbesuche zum impfen

Für Menschen, die 80 Jahre oder älter sind und nicht in einem Pflegeheim leben, sondern ambulant betreut werden, ist es besonders schwierig. Hausbesuche zum Impfen sind nicht möglich. Nur in Härtefällen könnte dies erwogen werden, heißt es im Sozialministerium in Stuttgart. Doch das wurde nicht weiter präzisiert. Die Verantwortlichen in Tübingen appellieren an die Angehörigen, den alten Menschen Hilfestellung zu leisten. Das fängt schon bei der Terminvereinbarung via Internet an.

Wie viel kostet die Impfaktion?

Die Impfung ist für die Bürger kostenfrei. Aber die ganze Aktion kostet Geld. Der Landkreis Tübingen hat im Haushalt zwölf Millionen Euro vorgesehen – von der Hallenmiete über den Messebau bis zum Personal. Die Vereinbarungen mit dem Land sind noch nicht schriftlich besiegelt. Aber es existiert ein Mustervertrag, den die kommunalen Landesverbände mit dem Sozialministerium abgestimmt haben. Die Kliniken verweisen auf den Rettungschirm. Klinikchef Michael Bamberg weiß aber: »Da muss jeder Cent nachgewiesen werden.«

Teststrecke und Fieber-Ambulanz bleiben

»Impfen ist das eine Standbein. Testen das andere«, sagt Ärztin Lisa Federle. Die bestehende Corona-Testrecke und die Fieber-Ambulanz sind weiter auf dem Festplatz, also hinter der Horn-Arena erreichbar. Die Corona-Schnelltest-Aktion von Federle läuft weiter. Morgen, Dienstag, und übermorgen steht das Arztmobil von 16 bis 18 Uhr auf dem Tübinger Marktplatz.

Nur Geduld

Erst sind die Alten, das medizinische Personal und die Pflegeheime dran. Die Nummer 116 117 war am Montag so belagert, dass viele nicht durchkamen. Der Impfstoff ist knapp, die 50 Kreisimpfzentren im Land starten erst Mitte Januar. Und vieles muss sich erst einspielen. Klinikchef Michael Bamberg schwant daher: »Wir werden alle noch viel Geduld brauchen.« (GEA)