TÜBINGEN. Den lustvollen Moment haben das Publikum und die Akteure auf der Bühne stets gemeinsam zelebriert. Ganz langsam: Scheibenwischer anheben. Strafzettel auf der Windschutzscheibe platzieren. Dann den Scheibenwischer zurückklatschen lassen - »fazze lasse!«, riefen dabei alle im Chor. Fast 150-mal sind die Stadt-Sheriffs im Tübinger Vorstadttheater aufgetreten. Nun ist Schluss.
Uwe Kaiser, der auch ein Knöllchen-Museum aufgebaut hat, schrieb die Texte. »In der Regel am Abend davor«, gesteht er. Helga Steinhilber hat die Puppen gefertigt. Vom Saal aus waren nur die beiden Puppen zu sehen. Auf gut schwäbisch: Dr Hodde ond dr Manne. Mit vollem Titel: Ober-Stadtsheriff Horst Müller-Thurgau und Universitäts-Unteramtsanwärter Manfred Traurig, gesprochen und bewegt von Ralf Mück und Uwe Kaiser. Fiktive Figuren - obwohl mancher Falschparker in Tübingen mitbekommen hat, dass es zumindest für den Namen eines der beiden Sheriffs sehr wohl ein reales Vorbild gegeben hat.
In der »Melange am Mittwoch« gab's nach der Pause stets Neues aus der Welt der Kontrolleure. Die Stadt-Sheriffs nahmen die Besonderheiten der Tübinger Stadtpolitik aufs Korn, sparten nicht mit bissigen Kommentaren und verteilten mit Wonne Strafzettel. »Der erotische Moment des Knöllchen-Verteilens, der berufliche Höhepunkt«, spottet Kaiser milde. Der inzwischen 64-Jährige hat beim Aufbau seines Museums jedoch viel Verständnis für die Nöte der Kontrolleure entwickelt und beteuert, dass er sein Auto nur noch vorschriftsmäßig abstellt.
Vervollständigt wurde die kleine Gruppe durch Wolfgang Gruber an der Quetschkommod und Kirsten Sonnenschein, die in neuerer Zeit auch Text-Passagen zu sprechen hatte, sowie Albrecht Ackermann. Letzterer gab den »Tagblatt-Transleter« - eine Spitze gegen das Lokalblatt. Weil eine Journalistin - offenbar neu in der Gegend - in einem Artikel mal geklagt hatte, dass sie die Leser auf dem Dorf mit deren Schwäbisch nicht gut verstehe.
Das Serien-Ende kam nicht ganz freiwillig. Ralf Mück, 76, hat Probleme mit der Schulter. Es fällt ihm schwer, die Puppe hinter dem Vorhang über dem Kopf zu halten. Deswegen machen dr Hodde on dr Manne die 25 nicht mehr voll, erinnern sich aber gern auch an ihre Abstecher mit Auswärts-Auftritten in der Platanen-Allee und auf dem Dach eines Tübinger Parkhauses.
Die letzte Vorstellung wurde aufmerksam verfolgt vom früheren Zuständigen im Ordnungsamt, Rainer Kaltenmark. Er gestand, dass er sich die Stadt-Sheriffs sogar schon mal mit seinen Mitarbeitern angeschaut hat. OB Boris Palmer hatte sich zwar eine Karte unter Pseudonym reserviert, ließ sich dann aber gern ins Geschehen einbeziehen und wurde sogar kurz vor die Bühne gerufen. Ob sich die Schreckensvision der abtretenden Ordnungshüter irgendwann erfüllt? »Keine Autos, keine Falschparker - ganz Tübingen eine autofreie Zone.«
Ganz ausgeschlossen haben dr Hodde on dr Manne eine Rückkehr aber nicht. »Das ist noch ein bisschen offen«, sagt Kaiser betont geheimnisvoll. Bei einer Video-Produktion könnte Ralf Mück schmerzfrei agieren. Und es weiter »fazze lasse«. (GEA)