TÜBINGEN. Während der Hochzeit der Flüchtlingskrise haben die Kommunen im Kreis Tübingen, und auch das Landratsamt, gezeigt, wie sie effizient und unbürokratisch Ausnahmesituationen bewältigen können. Gestählt aus dieser Erfahrung bietet man auch dem Coronavirus die Stirn. »Wir packen erst mal an, dann sieht man«, beschreibt Landrat Joachim Walter die Vorgehensweise.
Für ihn und auch die DRK-Vorsitzende und Leitende Notärztin im Kreis, Dr. Lisa Federle, ist klar, dass Panik und Hysterie nicht weiterhilft. »Ein normaler Mensch hat kein hohes Risiko, die Sterbeziffer ist gering«, sagt Federle und spricht davon, dass man sich »supergut« selbst schützen kann durch Hygienemaßnahmen und Abstand halten.
»Wir haben außer Corona andere Krankheiten, die wesentlich schwerer sind«, sagt Walter. Wer einen Herzinfarkt hat oder eine Lungenentzündung, will auch versorgt sein. Daher gelte es, »unsere Strukturen aufrechtzuerhalten«.
Um beim Coronavirus Hausarztpraxen und Kliniken zu entlasten, wird seit Montag das Arztmobil eingesetzt, das sich in der Flüchtlingskrise bewährt hat. Nun wird es zur Teststation für Verdachtsfälle. Vom Landratsamt bezahlt arbeiten mehrere Ärzte mit. Federle wirbt aber dafür, dass sich noch mehr melden.
Ein bisschen makaber ist es, dass das Arztmobil vorläufig auf dem Parkplatz des Bergfriedhofs stationiert ist. Vorteil der isolierten Lage ist die geringe Ansteckungsgefahr für andere. Behandelt wird vor dem Arztmobil und nicht darin, weil dieses sonst jedes Mal desinfiziert werden müsste. Unter der Woche gibt es Sprechstunden von 10 bis 12 und von 16 bis 18 Uhr, am Samstag von 10 bis 12 Uhr. Wenn die Familienmesse vorbei ist, möchte man, wenn die Stadt Tübingen zustimmt, auf den Festplatz umziehen.
Allerdings sind die Tests, die von den Krankenkassen bezahlt werden, denen vorbehalten, die aus einer Krisenregion kommen, direkten Kontakt mit nachweislich Infizierten hatten oder Symptome zeigen. »Sonst gehen uns irgendwann die Röhrchen aus«, sagt Federle. Sie selbst musste schon Personen abweisen, etwa eine Frau, die sich sorgte, weil sie bei einem chinesischen Friseur war.
In den ersten beiden Tagen – der erste Tag war nur ein halber – wurden insgesamt 47 Personen getestet, die von ihren Ärzten ans Arztmobil verwiesen wurden. Die Röhrchen werden an ein Labor geschickt. Nach zwei Tagen, so Federle, sind die Ergebnisse da. Fallen diese positiv aus, müssen die Personen zuhause bleiben. Wenn die Versorgung mit Lebensmitteln notwendig ist, sollen sie das möglichst über Bekannte organisieren, wenn das nicht möglich ist, sich an ihre Gemeinde wenden.
Auch das Landratsamt hat schon ausgeholfen, bei einer ausländischen Studentin, die sonst niemanden hatte. Zur Regel sollte dies nicht werden, betont Walter. »Schließlich sind wir kein Einkaufservice.« Für das, was ihr gekauft wurde, bekam sie eine Rechnung. (GEA)