TÜBINGEN. »Wir gehen heute gemeinsam an die Öffentlichkeit mit der dringenden Empfehlung, dass ältere Tübingerinnen und Tübinger und weitere Risikogruppen ihre Wohnung nach Möglichkeit nicht mehr verlassen sollen«, sagt Bürgermeisterin Dr. Daniela Harsch. Dabei müsse sich niemand Sorgen um seinen täglichen Bedarf machen: »Wir haben in Tübingen mittlerweile ein riesiges Netzwerk an sozialen Unterstützungsleistungen, das nur darauf wartet, Aufträge für Besorgungen anzunehmen. Nutzen Sie dieses Angebot, damit Sie selbst und andere gesund bleiben«, appelliert Harsch.
»Die Zahl der Corona-Infektionen steigt auch in Tübingen. Die Lage ist ernst. Die jetzige Empfehlung ist ein starker Eingriff in das Leben der Menschen, aber aus unserer Sicht notwendig. Ich selbst gehe jetzt auch nicht mehr zum Einkaufen, auch wenn es mir schwerfällt«, sagt Dr. Uwe Liebe-Harkort, der Vorsitzende des Tübinger Stadtseniorenrats. Gegen Spaziergänge an der frischen Luft sei nichts einzuwenden, diese sollten aber alleine oder mit Angehörigen desselben Haushalts und unter Wahrung eines Sicherheitsabstandes stattfinden. »Wir alle müssen die Risikogruppen durch unsere Solidarität schützen. Wenn wir zu Hause bleiben, schützen wir uns selbst – und wir schützen damit auch die Menschen, für die eine Ansteckung sehr schwerwiegende Folgen haben kann«, sagt Michael Lucke, der Vorsitzende des Kreisseniorenrats.
»Mit unserer Empfehlung wollen wir erreichen, dass sich die Krankheit langsamer ausbreitet. Das wiederum soll Krankenhäuser davor bewahren, dass zu viele Patientinnen und Patienten gleichzeitig Hilfe benötigen und die Kapazitäten knapp werden. Wir müssen verhindern, dass unsere Ärzte hier in Tübingen Patienten aussondern müssen, wenn die Intensivbetten mit Beatmungsgeräten alle belegt sind, so wie das die Kolleginnen und Kollegen derzeit in Straßburg und Italien machen müssen«, erläutert Dr. Lisa Federle, die Vorsitzende des Deutschen Roten Kreuzes im Kreis Tübingen.
Ältere Menschen sind laut Federle bei einer Ansteckung mit dem Coronavirus besonders gefährdet: Nach Erkenntnissen aus China sind acht Prozent der Erkrankten zwischen 70 und 79 Jahren gestorben, von den über 80-Jährigen sogar 14,8 Prozent. »Diese Zahlen sind zwar nicht eins zu eins auf uns übertragbar, aber auch hierzulande ist zu beobachten, dass die schweren Verläufe überproportional die älteren Menschen treffen«, sagt Federle. Weitere Risikogruppen sind laut Robert-Koch-Institut unter anderem Menschen mit Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Lungenerkrankungen wie Asthma, chronischen Lebererkrankungen, Diabetes oder Krebs.
»Was uns in dieser Situation besonders hilft, sind die starken nachbarschaftlichen Netzwerke in Tübingen. Wenn alle an ihre Nachbarn denken und aktiv Hilfe anbieten, dann haben wir das meiste schon erledigt«, sagt Uwe Seid, der Beauftragte für Senioren und Inklusion. Wer jetzt zu Hause bleibt und Unterstützung beim Einkaufen braucht, kann sich an die Stadtverwaltung wenden. »Wir können garantieren, dass alle älteren Personen und Risikogruppen gut zu Hause versorgt werden können«, betont Seid.
Neben Einkaufshilfen vermittelt die Stadtverwaltung auch Informationen zu sozialen Hilfsangeboten in Tübingen. Das Corona-Telefon ist immer montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr und von 13 bis 16 Uhr besetzt. Die Telefonnummer lautet 07071 2041010. Der Hilfsdienst ist auch per E-Mail erreichbar: corona.soziales@tuebingen.de. Viele Informationen und Kontaktdaten von Einkaufs- und Nachbarschaftshilfen gibt es außerdem auf der städtischen Internetseite. (pm)