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Aktuell Corona

»Alarmstufe Rot für Hotels und Gastronomen«

Ergreift die Politik die richtigen Maßnahmen? Oder müssen Hotels und Restaurants mit einer Schließung rechnen, obwohl sie zum Infektionsgeschehen nach Einschätzung von Virologen nur wenig beitragen? In Tübingen formierte sich Protest.

Oberbürgermeister Boris Palmer befürchtet, dass Einschränkungen beschlossen werden, die für die Eindämmung der Pandemie fast nic
Oberbürgermeister Boris Palmer befürchtet, dass Einschränkungen beschlossen werden, die für die Eindämmung der Pandemie fast nichts bringen, aber viele Existenzen gefährdet. Foto: Joachim Kreibich
Oberbürgermeister Boris Palmer befürchtet, dass Einschränkungen beschlossen werden, die für die Eindämmung der Pandemie fast nichts bringen, aber viele Existenzen gefährdet.
Foto: Joachim Kreibich

TÜBINGEN. »Es herrscht Alarmstufe Rot«, sagt Asli Kücük zur Mittagszeit vor rund 250 Demonstrierenden auf dem Tübinger Marktplatz. Gastronomen, Lieferanten, Hoteliers und Gäste befürchten, dass sie die Leidtragenden sind, obwohl sie nach eigenen Worten wirksame Maßnahmen umgesetzt haben. »Bei uns ist die Ansteckungsgefahr gering und die Kontaktverfolgung aussichtsreich«, betonte Tü-Gast-Sprecher Herbert Rösch.

Unterstützung bekamen die Protestierenden von Oberbürgermeister Boris Palmer. Der Rathauschef befürchtet, dass die Schäden durch bestimmte Einschränkungen größer sind als durch das Virus selbst. Nur insgesamt etwa fünf Prozent der Fälle seien nach Angaben des Robert-Koch-Instituts auf Ansteckungen in Hotels, Gaststätten sowie bei Oper, Theater und sonstigen Kulturveranstaltungen zurückzuführen.

Die Situation in Altenheimen sei 550-mal gefährlicher, weil in der Regel mit dem Alter die Schwere der Erkrankung zunimmt und die Folgen viel gravierender sind – bis hin zu Todesfällen. Palmer äußerte erneut Unverständnis, warum nicht Geld für ständige Tests in den Altenheim bereitgestellt wird. Tübingen macht eine Ausnahme, hier stellt die Stadt die Mittel zur Verfügung.

»Wir sind keine Corona-Leugner«, betonte Asli Kücük auf dem Tübinger Marktplatz. Auch die Wirte und Hoteliers wollten, dass die Corona-Welle gebremst wird. Schon im Lockdown habe man sich in Tübingen ausgetauscht und nach effektiven Lösungen gesucht, die man dann nach den Lockerungen auch umgesetzt habe. Außengastronomie sowie Ein- und Umbauten hätten das Risiko minimiert. Hygiene-Regeln und Abstand würden eingehalten. Lob gab’s für die Stadtverwaltung und die Wirtschaftsförderung in der Unistadt für die gute Zusammenarbeit.

Die Zahlen des Robert-Koch-Instituts zeigen nach Ansicht der Gastronomen, dass bei den Infektionsketten Restaurant- und Hotelbesuche nicht maßgeblich sind. Private Feiern und Zusammenkünfte seien wesentlich gefährlicher.

Alexander Stagl verwies darauf, dass Hotels von Tagungen, Kongressen und Veranstaltungen leben, die zurzeit alle abgesagt werden. Die Branche brauche dringend Unterstützung. Auch die Mitarbeiter treffe die Krise hart. Herbert Rösch fürchtet: »Heute wird bestimmt, wie viele Betriebe in Insolvenz gehen.« Anders als Industrie und Handwerk erlebten Gastronomie und Hotels eine lange Phase der Einschränkung. Wer die Corona-Welle abschwächen wollen, müsse andere Maßnahmen treffen als Beherbergungsverbote und die Schließung von Lokalen: »Das wird verpuffen.« Gleichzeitig bedrohe es aber die Existenz vieler und bringe das Leben in den Städten zum Erliegen – was auch wieder Folgen für den Einzelhandel habe.

Boris Palmer sieht das ähnlich. Die Vorbereitung der Gastronomen auf die schwierige Phase in der kalten Jahreszeit dürfe nicht umsonst gewesen sein. »Ich will nicht in einer Welt leben, in der Corona alles abgetötet hat und nur noch Amazon übrig bleibt.« (GEA)