STUTTGART. Die Kritik der Luca-App wird nach einem Zwischenfall in Mainz wieder lauter. Dennoch will sich das Land noch Zeit lassen, bis es über eine weitere Zusammenarbeit mit dem privaten Anbieter der Software für die Corona-Kontaktdatenverfolgung entscheidet. Erst Ende Februar und damit kurz vor der Ende der Frist soll nach Angaben des Gesundheitsministeriums geklärt werden, ob der Vertrag über März hinaus verlängert wird. »Über eine mögliche Verlängerung wird in den nächsten Wochen unter anderem mit den baden-württembergischen Gesundheitsämtern, die Luca nutzen, beraten«, sagte ein Sprecher am Montag.
Die Lizenz der Software läuft nach früheren Angaben der Behörde Ende März aus und läuft ohne eine fristgerechte Kündigung automatisch weiter. Eigentlich hatte das Land bis Ende des vergangenen Jahres und »auf der Grundlage der bis dahin gemachten Erfahrungen und den dann noch notwendigen Erfordernissen« entscheiden wollen. Eine Evaluation sei aber noch nicht abgeschlossen, sagte der Sprecher.
Nach einem Zwischenfall mit der App in Mainz war am Wochenende auch die Kritik in Baden-Württemberg wieder laut geworden. Die rheinland-pfälzische Polizei hatte bei Ermittlungen zu einem Todesfall unrechtmäßig auf Daten von Besuchern einer Gaststätte aus der Luca-App zugegriffen. Daraufhin hatten vereinzelte Politiker von Grünen und FDP dazu aufgerufen, das digitale Tool von den mobilen Telefonen zu löschen und den Vertrag nicht zu verlängern. »Was die Warnung und die Nachverfolgung angeht, ist die Luca-App mausetot«, hatte der netzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Landtag, Alexander Salomon, gesagt.
Das Ministerium betonte, die App sei »ein guter und datenschutzkonformer Baustein«, der auch vom Landesdatenschutzbeauftragten empfohlen worden sei. Aber sie sei eben auch nur ein Baustein der Pandemie-Bekämpfung. Seit Oktober 2021 könne zudem die staatlich angebotene Corona-Warn-App (CWA) genutzt werden, um die Kontaktdaten zu erfassen. »In Baden-Württemberg haben wir immer auf die gleichzeitige sich ergänzende Nutzung der beiden Ansätze verwiesen und empfohlen, beide Systeme gleichzeitig zu nutzen«, sagte der Sprecher. Es sei niemand gezwungen, die Luca-App zu verwenden. »Alternativ können die Kontaktdaten weiterhin natürlich auch mit Zettel und Stift erfasst werden.«
Das Land hatte die App im Frühjahr ohne Ausschreibung und Wettbewerbsverfahren für 3,7 Millionen Euro erworben. Die Software digitalisiert die Kontaktdaten, die Besucher beim Check-in in Restaurants oder auch Veranstaltungsstätten erfassen. Das soll den Betreibern der Einrichtungen helfen, die gesetzlich vorgeschriebene Erfassung der Kontakte der Besucher ohne Zettelwirtschaft zu erledigen. Nach Angaben der Betreiber können die Daten nur bereitgestellt werden, wenn das jeweilige Gesundheitsamt und der jeweilige Betrieb in einem Infektionsfall gleichzeitig ihr Einverständnis erteilen und ihre individuellen Schlüssel anwenden, um die Daten zu entschlüsseln.
Nach Unternehmensangaben haben bundesweit 40 Millionen Menschen die Luca-App installiert. In Baden-Württemberg sind nach Angaben des Sozialministeriums fast 69.000 Standorte für die App registriert (Stand: 11.11.2021). Zwischen Mitte Oktober und Mitte November 2021 hätten sich dort knapp 8,27 Millionen Menschen eingecheckt - es seien in diesem Zeitraum insgesamt fast 4400 Risikohinweise der Klassen 1 (mögliches Infektionsrisiko) und 2 (erhöhtes Infektionsrisiko) ausgespielt worden. (dpa)