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Zu wenig Plätze im Maßregelvollzug - aber bald Entspannung?

Seit Jahren gibt es zu wenig Plätze für suchtkranke oder psychisch kranke Straftäter im Maßregelvollzug. Bringt dieses Jahr etwas Entspannung?

»Fauler Pelz« in Heidelberg
Laut einem Sprecher des Justizministeriums gibt es immer mehr psychisch auffällige Gefangene im Justizvollzug. (Archivbild) Foto: Marijan Murat/DPA
Laut einem Sprecher des Justizministeriums gibt es immer mehr psychisch auffällige Gefangene im Justizvollzug. (Archivbild)
Foto: Marijan Murat/DPA

Um dem Mangel an Plätzen im Maßregelvollzug abzuhelfen, sollen im Südwesten an den Standorten Wiesloch und Calw im zweiten Halbjahr weitere 54 Plätze für psychisch kranke und 50 Plätze für suchtkranke Straftäter eingerichtet werden. »Die Vorhaben sind schon weit fortgeschritten und mit einer Inbetriebnahme ist voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2024 zu rechnen«, wie eine Sprecherin des Sozialministeriums mitteilt. In Wiesloch war dies für Anfang des Jahres geplant gewesen, hatte sich wegen der Insolvenz eines am Bau beteiligten Unternehmens jedoch verzögert.

Eine weitere Einrichtung in Schwäbisch Hall soll wie geplant in den ersten Monaten des Jahres 2025 eröffnet werden und 100 Therapieplätze bieten. Damit werde auch die Interimsnutzung des »Faulen Pelzes« in Heidelberg beendet. Das ehemalige Gefängnis wird vorübergehend für den Maßregelvollzug genutzt. Derzeit seien dort rund 60 Patienten untergebracht, wie es weiter heißt. Eine weitere Einrichtung ist in Winnenden geplant, wird aber noch Zeit in Anspruch nehmen, erklärt die Ministeriumssprecherin.

Straftäter kommen bei zu langer Wartezeit frei 

Im Maßregelvollzug werden suchtkranke und psychisch kranke Straftäter untergebracht und therapiert. Wenn sich jedoch kein Platz dort für sie findet, dürfen sie vorübergehend auch in Organisationshaft genommen und damit in einem regulären Gefängnis untergebracht werden. Sie müssen aber freigelassen werden - eine fixe Frist gibt es dafür nicht -, wenn die Wartezeit auf einen Platz zu lange dauert. Das war im vergangenen Jahr bei 31 Straftätern der Fall. In diesem Jahr wurden bisher 2 Straftäter vorzeitig entlassen, wie ein Sprecher des Justizministeriums sagt. 

Nach Angaben des Sozialministeriums warteten bis Ende Mai 55 Personen auf eine Therapie im Maßregelvollzug. 25 waren in Organisationshaft - 50 weniger als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Wie viele Plätze im Land genau fehlen, sei schwierig zu sagen, wie das Sozialministerium betont. »Aus den letzten Jahren ist eine durchgehend steigende Tendenz erkennbar gewesen.« Ende Juni 1.611 Personen bereits im Maßregelvollzug untergebracht (Stand Ende Juni).

Kein neues Problem im Justizvollzug

Das Problem ist alles andere als neu. Es gebe immer mehr psychisch auffällige Gefangene im Justizvollzug, sagt ein Sprecher des Justizministeriums. Wenn Gerichte den Maßregelvollzug anordnen, brauche man einen Platz.

Im Südwesten gibt es mehrere Einrichtungen für den Maßregelvollzug: Dies sind die sieben Zentren für Psychiatrie (ZfP) mit insgesamt neun Standorten in Bad Schussenried, Calw, Emmendingen, Reichenau, Weinsberg, Weissenau, Wiesloch, Zwiefalten und Heidelberg. 

 

© dpa-infocom, dpa:240720-930-179212/1