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Studie: Viele Schüler haben Defizite beim Lesen und Rechnen

Neue Vergleichsarbeiten zeigen erneut, was schon länger bekannt ist: Viele Grundschüler haben Probleme bei den Basiskompetenzen - auch ältere Schüler machen Sorge. Die Politik hat bereits reagiert.

Deutschunterricht
Fast jeder vierte Grundschüler hat Nachholbedarf beim Lesen. (Archivbild) Foto: Sebastian Gollnow/DPA
Fast jeder vierte Grundschüler hat Nachholbedarf beim Lesen. (Archivbild)
Foto: Sebastian Gollnow/DPA

Viele Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg haben noch Nachholbedarf beim Rechnen, Lesen und Zuhören. Wie aus den Ergebnissen der bundesweiten Vergleichsarbeiten (Vera) hervorgeht, erreichten 24 Prozent der rund 80.000 Drittklässlerinnen und Drittklässler beim Lesen nicht die Mindeststandards, die für den Abschluss der Grundschule nach Klasse 4 vorgesehen sind. Beim Zuhören verfehlten 28 Prozent die Mindestanforderungen, beim Rechnen sogar 29 Prozent. 

Besonders häufig verfehlen der Studie zufolge Kinder die Mindeststandards, die zu Hause überwiegend nicht Deutsch sprechen. Schülerinnen und Schüler mit deutscher Alltagssprache erreichten deutlich häufiger höhere Kompetenzstufen, heißt es in der Auswertung. Zudem gebe es einen positiven Zusammenhang zwischen dem kulturellen Kapital zu Hause - gemessen an der Zahl der Bücher im Haushalt - und den Ergebnissen der Vergleichsarbeiten.

So erreichte mehr als die Hälfte der Achtklässler mit weniger als zehn Büchern im Haushalt nicht die Mindeststandards beim Lesen. Bei Jugendlichen aus Haushalten mit 100 bis 200 Büchern zu Hause lag dieser Anteil nur bei 11 Prozent. 

Schopper setzt auf Frühförderung

Im Landesschnitt landete beim Lesen jeder fünfte Achtklässler unterhalb der Mindeststandards, die für den mittleren Schulabschluss notwendig sind. Große Unterschiede gibt es zwischen den einzelnen Schularten. Während am Gymnasium nur zwei Prozent unter dem Mindeststandard liegen, sind es an der Gemeinschaftsschule 42 Prozent, an den Haupt- und Werkrealschulen sogar 59 Prozent. Allerdings streben dort auch nicht alle Schülerinnen und Schüler den mittleren Abschluss an. In Mathematik landete landesweit sogar jeder dritte Achtklässler unter den Mindeststandards.

Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) sieht sich durch die Ergebnisse der Vergleichstest in ihrem Kurs bestärkt. Diese bestätigten nochmals die Erkenntnisse des Landes. »Wir haben die richtigen Schwerpunkte bereits gesetzt. Jetzt ist es von großer Bedeutung, dass wir die Bildungsreform, vor allem bei der Frühförderung, konsequent umsetzen und einen langen Atem beweisen«, sagte Schopper. 

Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne)
Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) sieht das Land bereits auf dem richtigen Weg und plädiert für einen langen Atem. Foto: Marijan Murat/DPA
Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) sieht das Land bereits auf dem richtigen Weg und plädiert für einen langen Atem.
Foto: Marijan Murat/DPA

Die Ergebnisse der Vergleichsarbeiten fließen laut Kultusministerium auch in das sogenannte Schuldatenblatt ein. Darüber kann die Schulaufsicht für jede Schule Daten wie Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund, Unterrichtsausfall oder Kompetenzen der Schüler im Vergleich zum Landesschnitt einsehen. Mit individuellen Ziel- und Leistungsvereinbarungen soll dann gemeinsam festgelegt welchen, welche Verbesserungen wie genau erreicht werden sollen. 

Zudem können sich Lehrkräfte seit diesem Jahr erstmals grafisch anzeigen lassen, wo welches Kind steht - und dann direkt passende Arbeitsmaterialien zur passgenauen Förderung der Kinder abrufen. 

Auch frühere Erhebungen hatten teils große Defizite ergeben. 2022 hatte eine Studie des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) gezeigt, dass Viertklässler im Südwesten zunehmend Probleme beim Lesen und Zuhören haben. Als Reaktion darauf gibt es seit diesem Schuljahr eine verbindliche Leseförderung an den Grundschulen. Schülerinnen und Schüler sollen zweimal in der Woche im Unterricht laut vorlesen. 

Erste Sprachförderung bereits in der Kita geplant

Ende April hatte sich Grün-Schwarz zudem auf Programm zur Sprachförderung an Kitas und Grundschulen geeinigt. Damit sollen Kinder mit Sprachproblemen frühzeitig gefördert werden. So sollen Kinder unter anderem bereits im Jahr vor der Einschulung eine verpflichtende Sprachförderung von vier Stunden pro Woche erhalten, sofern bei ihrer Einschulungsuntersuchung ein Förderbedarf festgestellt wurde.

Sprechen die Kinder danach noch immer nicht ausreichend Deutsch, um eine Grundschule besuchen zu können, sollen sie ab dem Schuljahr 2026/2027 in sogenannten Juniorklassen gefördert werden.

Für das Programm rechnet die Koalition im kommenden Doppelhaushalt mit Kosten in Höhe von 100 Millionen Euro pro Jahr. Es soll in den kommenden Jahren Schritt für Schritt umgesetzt werden. Erste Maßnahmen sollen dem Konzept zufolge im kommenden Schuljahr greifen. Der Endausbau ist demnach für das Jahr 2028/2029 vorgesehen.

 

© dpa-infocom, dpa:240709-930-168048/2