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Aktuell Bahn

Sorge vor Lex Stuttgart 21

Aktionsbündnis begrüßt die Gesetzesänderung, die Wohnungsbau auf Gleisflächen am Rosenstein verhindert.

Bleiben die oberirdischen Gleise in Stuttgart erhalten?  FOTO: LG/KOVALENKO
Bleiben die oberirdischen Gleise in Stuttgart erhalten? FOTO: LG/KOVALENKO
Bleiben die oberirdischen Gleise in Stuttgart erhalten? FOTO: LG/KOVALENKO

STUTTGART. Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 fordert von den Projektpartnern, die neue Realität anzuerkennen, die sich aus einer Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) ergibt. Der neue rechtliche Rahmen durchkreuzt die Wohnungsbaupläne der Stadt Stuttgart, weil Eisenbahnflächen nur noch in wenigen Fällen ihre Bestimmung verlieren können.

»Wir haben in Stuttgart 21 schon immer vor allem ein Immobilienprojekt gesehen, bei dem ein funktionierender Bahnhof kein Kriterium war. Jetzt dreht das neue AEG den Spieß um und macht – zu Recht – den Schienenverkehr zur obersten Priorität«, erklärt Martin Poguntke, der Sprecher des Aktionsbündnisses. Die Neufassung des AEGs sei ein richtiger »Schritt in Richtung Verkehrswende von der Straße auf die Schiene«.

Die Stuttgart-21-Kritiker warnen gleichzeitig davor, die neue Regelung zu verwässern und beziehen sich dabei auf Matthias Gastel. Der bahnpolitische Sprecher der Bundestags-Grünen hatte mitgeteilt, man sei nicht generell gegen eine Bebauung des Gleisvorfeldes. Auch sei man zur Änderung des Eisenbahngesetzes bereit – vorausgesetzt, die Entwidmung der Eisenbahnflächen stehe dem angestrebten Wachstum auf der Schiene nicht im Wege.

Das Aktionsbündnis wendet sich strikt gegen solche Gedankenspiele. »Eine solche ›Lex Stuttgart 21‹ passt gut zur Entwicklungsgeschichte des Projekts mit seinen Manipulationen, Falschbehauptungen und lobbyistischen Interventionen«, sagt Poguntke.

Der Stuttgarter OB Frank Nopper (CDU) hatte in der aufkommenden Diskussion gefordert, dass der Gesetzgeber den entsprechenden Paragrafen im AEG unverzüglich wieder ändern müsse. Er bemängelt »einen schwerwiegenden Eingriff in die kommunale Planungshoheit« Die Regelung »würde in Zeiten größter Wohnungsnot den Bau von bis zu 5.800 innerstädtischen Wohnungen für rund 10.000 Menschen – unter Schonung der ›grünen Wiese‹ in den Außenbezirken – blockieren.«

Eine Lesart, die das Aktionsbündnis in Zweifel zieht. Man halte dies »angesichts von massenweisen Leerständen und vielen Umnutzungsmöglichkeiten für eine populistische Irreführung«, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme.

Auch der Verkehrsclub Deutschland (VCD) weist die Sichtweise der Landeshauptstadt zurück. »Hiermit wird nicht die kommunale Planungshoheit ausgehebelt. Vielmehr wird verhindert, dass der umwelt- und klimafreundliche Eisenbahnverkehr mit weit in die Zukunft reichenden Optionen geopfert werde, um lokale Interessen zu bedienen«, sagt Gero Treuner, Mitglied im VCD-Landesvorstand. Aus Sicht des Verbandes sei es »richtig, dass die Entwidmung von Eisenbahnflächen zukünftig deutlich erschwert werde«.

Die Stadt hatte Ende 2011 Gleisflächen für umgerechnet 459 Millionen Euro gekauft. Das Aktionsbündnis vermutet, dass dieser Handel rückgängig gemacht werden könnte. (GEA)