Denunziation, Repression, Verfolgung - die Mechanismen eines Unrechtsregimes erforschen Schüler in einem zweijährigen Projekt im Generallandesarchiv Karlsruhe. Anhand des Beispiels der NS-Diktatur soll es Schüler durch Arbeit mit historischen Quellen auch dazu befähigen, Fake-News und Hassbotschaften in der aktuellen politischen Debatte identifizieren, damit sie für die Werte Rechtsstaatlichkeit und Demokratie eintreten können. »Das Projekt der Schülerakademie und des Generallandesarchivs Karlsruhe ist historisch-politische Demokratiebildung, wie man sie nicht besser machen kann«, ist Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) überzeugt.
Das Unrecht am Nachbarn
»Die Schülerinnen und Schüler untersuchen Schicksale von Menschen wie Du und ich: der Verkäuferin um die Ecke, dem Lehrer, den Nachbarn«, erläutert die Ministerin das Projekt. Aus allen Schicksalen werde deutlich: »Das erste Land, das die Nationalsozialisten besetzt haben, war Deutschland.« Welches Unrecht Menschen widerfahren sei, dürfe nicht vergessen werden.
Die Rolle der »Sondergerichte«
Ein kritisches Wort über ein Regierungsmitglied, ein Lebenswandel, der nicht den Erwartungen gesellschaftlicher Mehrheiten oder der NS-Machthaber entspricht, ein politischer Witz unbedacht in Gegenwart Fremder erzählt – solche Fälle wurden unter den Nationalsozialisten vor »Sondergerichten« verhandelt.
Die ausgewählten Quellen beziehen sich auf konkrete Vorfälle vor dem »Sondergericht Mannheim«. Mehr als 12.000 Akten bieten Einblick in den Alltag des Unrechtsregimes. Die Gerichtsverfahren betrafen Menschen aus Nordbaden.
Wie lief das mit der »Wahrheitsfindung«?
Historiker gehen mit den Schülern zuvor Fragen nach: Wie arbeitete ein Sondergericht? Wie sieht es mit der »Wahrheit« vorgebrachter Beschuldigungen aus? Worauf ist bei der Interpretation besonders zu achten?
Der etwas andere Geschichtsunterricht
Das Angebot wird über die Internetplattform leo-bw.de des Landesarchivs Baden-Württemberg frei zugänglich sein. »Der außerschulische Lernort «Archiv» wird neu erfahrbar«, betont Wolfgang Zimmermann, der Leiter des Generallandesarchivs Karlsruhe.
Die Materialien sind Grundlage dafür, um die Fragestellungen auch auf andere Regionen zu übertragen. Ein schulübergreifender Seminarkurs von drei Karlsruher Gymnasien macht bereits erste Erfahrungen mit dem Projekt, zu dem es auch Podcasts und Social-Media-Angebote gibt.
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