Die Schändung des Grabs von Wolfgang Schäuble in Offenburg hat Trauer und Bestürzung ausgelöst. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) erklärte, sie sei zutiefst erschüttert und traurig. »Es ist unerträglich, dass es offenbar Menschen gibt, die Wolfgang Schäubles Grab schänden und seine Totenruhe stören«, teilte die SPD-Politikerin am Montag in Berlin mit. Sie sei sehr besorgt darüber, dass einzelne Teile der Gesellschaft solche Zeichen von Verrohung zeigten.
Ein unbekannter Tatverdächtiger grub in der Nacht zum Montag auf dem Waldbachfriedhof der badischen Stadt ein etwa 1,20 Meter tiefes trichterförmiges Loch in das Grab. Der Unbekannte drang aber nicht zum Sarg des verstorbenen Politikers vor, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten.
Faeser fordert harte Verfolgung
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte der Tageszeitung »Bild«, Schäuble sei einer der bedeutendsten Demokraten der Republik gewesen. »Das Grab von Wolfgang Schäuble zu schänden, ist eine widerwärtige Straftat.« Diese müsse hart verfolgt werden, forderte sie.
Der Offenburger Oberbürgermeister Marco Steffens (CDU) sagte, am Grab Schäubles sei in niederträchtiger Weise die Totenruhe gestört worden. »Das ist schrecklich und macht uns traurig«, sagte der Rathauschef laut einer Erklärung. »Wir hoffen auf rasche Aufklärung durch die Polizei und eine harte Bestrafung der Täter.« Bundestagspräsidentin Bas vertraut nach eigenem Bekunden darauf, dass die Polizei die Tat schnell aufklärt.
Holzkreuz mit Schäubles Namen entfernt
Das Grab des am zweiten Weihnachtstag im Alter von 81 Jahren verstorbenen Politikers war nach der Beschädigung zunächst nicht mehr als solches erkennbar. Es verblieb eine rechteckige Erdfläche. Das Holzkreuz mit dem Namen Schäubles war nicht mehr zu sehen, wie ein dpa-Mitarbeiter berichtete. Friedhofsmitarbeiter schütteten demnach Erde auf die Grabstelle.
Vor der Beschädigung hatte es keinen Grabstein gegeben, wie ein Polizeisprecher berichtete. Nicht näher bezeichnete »Utensilien« auf dem Grab seien als Beweismittel beschlagnahmt worden. Dazu dürfte auch das Kreuz gehört haben.
Städtische Mitarbeiter bemerkten nach Ermittlerangaben am Montagmorgen den Erdaushub. Eine Polizeistreife und die Kriminalpolizei fuhren daraufhin zum Friedhof. Der polizeiliche Staatsschutz ermittelt in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft. Zu den Hintergründen des Vorfalls gebe es zunächst keine Erkenntnisse, hieß es in der Mitteilung.
Zeugen des Vorfalls wurden gebeten, sich zu melden. Das Stören der Totenruhe kann laut Strafgesetzbuch mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden.
Spitzenpolitiker und Angehörige hatten am 5. Januar bei einer bewegenden Trauerfeier in Offenburg von dem CDU-Politiker Abschied genommen. Er war nach langer schwerer Krankheit gestorben.
Der Badener und Offenburger Ehrenbürger hatte in seiner Karriere wichtige politische Ämter inne: Er war Minister, CDU-Chef, Fraktionsvorsitzender und Präsident des Deutschen Bundestages. Schäuble galt zudem als Ausnahme-Abgeordneter. 1972 errang er erstmals ein Mandat für den Bundestag, dem er über ein halbes Jahrhundert bis zu seinem Tod angehörte. Auch die Öffentlichkeit durfte Anfang Januar auf ausdrücklichen Wunsch Schäubles an der Beerdigung teilnehmen.
© dpa-infocom, dpa:240513-99-13538/6