Im Zusammenhang mit einer Razzia gegen Mitglieder der verbotenen Vereinigung »Kalifatsstaat« hat die Staatsanwaltschaft Karlsruhe am Dienstag zehn Objekte durchsuchen lassen. Diese befinden sich nach Auskunft eines Sprechers in Mannheim, Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis) und im hessischen Viernheim. Treffen der Vereinigung hätten mutmaßlich unter anderem in Weinheim stattgefunden. Dorthin seien auch Menschen aus Viernheim gekommen, erklärte der Sprecher die grenzüberschreitende Zuständigkeit.
Festgenommen worden sei hier niemand, teilte er weiter mit. Es geht um den Verdacht des Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot. Von dem Karlsruher Ermittlungsverfahren sind acht Beschuldigte betroffen.
Beim »Kalifatsstaat« handelt es sich um eine islamistische Vereinigung, die von einem selbsternannten »Kalifen von Köln« geführt wird. Sie hat den Ermittlern zufolge das Ziel, einen islamischen Staat unter Ablehnung demokratischer und rechtsstaatlicher Grundsätze auf der Grundlage des Korans als Verfassung und der Scharia als allein geltenden Rechts einzurichten. Die Vereinigung wurde laut Generalstaatsanwaltschaft erstmals 1984 unter anderem Namen in Köln gegründet und im Jahr 2001 vom Bundesinnenministerium verboten.
Die Aktion der Behörden lief in sechs Bundesländern unter Federführung des Landeskriminalamts (LKA) Rheinland-Pfalz. Drei Männer seien festgenommen worden. Einer von ihnen soll der Sohn des 2004 in die Türkei abgeschobenen Anführers der Organisation, Metin Kaplan, sein, teilte das Landeskriminalamt am Dienstag in Mainz mit. Die Polizisten stellten Schusswaffen, Hieb- und Stichwaffen wie Säbel sowie zahlreiche Datenspeicher und Hunderttausende Euro sicher.
Im Mittelpunkt der Ermittlungen steht ein Moscheeverein im rheinland-pfälzischen Bad Kreuznach. Es gebe den dringenden Verdacht, dass innerhalb des Vereins in Predigten und durch den Verkauf von Schriften und sonstigen Propagandamitteln die Ideologie des »Kalifatsstaats« verbreitet und die Organisationsstruktur der Vereinigung aufrechterhalten werden, berichtete das LKA.
Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte: »Die Bedrohung durch den islamistischen Terror hat keinen Deut an Gefährlichkeit eingebüßt.« Auch wenn das Thema bei vielen nicht mehr auf der Agenda stehe, widmeten die Sicherheitsbehörden der Bedrohung durch den Islamismus weiterhin höchste Aufmerksamkeit. »Es darf bei Niemanden nur der leiseste Zweifel aufkommen, dass wir nicht ein wachsames Auge auf all diejenigen werfen, die unsere demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätze ablehnen«, sagte Strobl. Gerade die Umtriebe des »Kalifatsstaats« müssten im Keim erstickt werden.
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