Der neue Vorsitzende des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, Joachim Schulz, sieht vor der im Herbst anstehenden Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie aufgrund stark steigender Kosten »eigentlich keine Spielräume für Lohnerhöhungen«. Die Tarifauseinandersetzung finde in einer schwierigen Ausgangssituation mit wenig Stabilität statt, sagte Schulz der Deutschen Presse-Agentur. Er sei gespannt auf die Forderungen der Gewerkschaft IG Metall und erwarte eine herausfordernde Tarifrunde.
Beide Seiten hätten widerstreitende Interessen. Die Beschäftigten sähen sich einer hohen Inflation ausgesetzt und die Betriebe hätten mit erheblichen Kostensteigerungen zu kämpfen. Die gestiegenen Kosten bildeten sich noch nicht wirklich in den zurückliegenden Jahresabschlüssen ab und auch wenn einzelne Firmen gut verdient hätten, treffe dies nicht auf die Masse zu. »In der aktuellen Situation hätten ganz viele Firmen erhebliche Probleme mit zusätzlichen Belastungen durch Lohnsteigerungen«, sagte Schulz.
Nähe sei ein Vorteil, sagte Schulz mit Blick auf den Standort Baden-Württemberg. »Diese Konzentration an Wissen und technischem Potenzial gibt es so nur Baden-Württemberg.« Dass der Südwesten aus vergangenen Fällen, wo sich große ausländische Unternehmen bei der Standortwahl für andere Bundesländer entschieden hatten, gelernt habe, begrüßte Schulz. Anfang Mai hatte die Landesregierung Eckpunkte für eine Ansiedlungsstrategie vorgestellt.
Laut Schulz hat Deutschland ein Problem mit Bürokratie und Langsamkeit, zudem sei das Land ein sehr teurer Standort. »Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir uns sputen«, sagte Schulz. Die Infrastruktur bei der Energie spiele eine wichtige Rolle. »Der Bau der Stromtrassen in den Süden geht erheblich zu langsam und wir brauchen sicherlich auch mehr Windräder«, sagte Schulz.
Der frühere Vorstandsvorsitzende des Medizintechnikherstellers Aesculap mit Sitz in Tuttlingen ist seit dem 1. Mai dieses Jahres Chef von Südwestmetall, dessen Vorstand er bereits seit 2009 angehört. Er übernahm den Posten des früheren Daimler-Personalchefs Winfried Porth.
Angesichts der sich ändernden Industriestrukturen müsse sich sein Verband anpassen und weiterentwickeln. »Wir müssen noch an unserer Attraktivität und den Verkaufsargumenten für die Tarifbindung arbeiten, um neue Unternehmen für uns zu gewinnen«, sagte Schulz. Der Verband böte viel Sicherheit. »Wer bei uns Mitglied ist, hat interne Auseinandersetzungen über die Bezahlung mit der eigenen Belegschaft vom Hals.« In Zeiten des Fachkräftemangels und Gerangels um gute Leute hätten Firmen, die nach Tarif gut und sicher bezahlen, sicherlich bessere Chancen, Mitarbeiter zu finden als Unternehmen, die nach Gutsherrenart bezahlten.
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