STUTTGART. Der Ruf nach einer Maskenpflicht an Grundschulen wird wegen steigender Corona-Infektionszahlen immer lauter. Die Landtagsgrünen, der Städtetag und die Schulleitervereinigung wollen den Verzicht auf eine Maskenpflicht für die jüngsten Schüler aufheben. »Wir müssen jetzt dringend nachsteuern«, sagte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch in Stuttgart. »Wir brauchen an Grundschulen eine Maskenpflicht.« Dies sei für den Gesundheitsschutz von Lehrkräften und Kindern unerlässlich. Die Schulleitervereinigung sprach von einem »Armutszeugnis« für das Kultusministerium, weil es sich diesem Thema total verweigere. Auch für Grundschüler müssten die blauen OP-Masken obligatorisch sein, forderte Verbandschef Werner Weber.
An den weiterführenden Schulen ab Klasse fünf und an beruflichen Schulen besteht bereits die Pflicht, außerhalb des Unterrichts eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Am Montag waren die Grundschulen vom Wechselunterricht in den Regelbetrieb übergegangen.
Auch der Städtetag befürwortet eine ausgeweitete Pflicht. »Der Verzicht darauf steht im Verband immer stärker in Rede und Kritik, weil an den Grundschulen grundsätzlich alle Schüler wieder präsent sein können und zwischen den Schülern kein Abstandsgebot gilt«, sagte Dezernent Norbert Brugger. Zu klären sei, welche Masken zu tragen seien und ob die Pflicht auch im Unterricht gelte. Das Ministerium äußerte sich dazu nicht.
Die Haltung des Ressorts entspreche nicht mehr der medizinischen Entwicklung, sagte Weber, Rektor einer Heidenheimer Gemeinschaftsschule. Anders als in anfangs erstellten Studien stelle sich heraus, dass sich Kinder insbesondere auch mit mutierten Viren anstecken würden. In seiner Schule trügen die Grundschüler bereits zu 100 Prozent Masken - »freiwillig und ohne Schäden«. Das sei aber nicht überall so. Es gebe auch Fälle, in denen Eltern die Rechte ihrer Kinder durch Masken beschnitten sähen und sie entsprechend beeinflussten. Die Kinder gerieten dann unnötig in einen Zwiespalt.
Neben den Masken werden auch Tests genutzt, um die Pandemie in Schach zu halten. Bei einem an diesem Donnerstag beginnenden Pilotprojekt an Freiburger Schulen werden Klassen mit dem sogenannten Schoco-System getestet. Das Verfahren ist einfach: Die Schüler lutschen unter Aufsicht der Lehrer an zwei Wattestäbchen wie an einem Lolli.
»Regelmäßige Tests tragen dazu bei, die Infektionsgefahr in Schulen zu verringern«, sagte Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos). Da Kinder oft ohne Symptome blieben, könnten so verdeckte Infektionsketten gestoppt werden. Eine abgestimmte Teststrategie des Landes sei notwendig. Aktuell erarbeiteten Hunderte Kommunen parallel Teststrategien. »Am Ende gelten unterschiedliche Regeln und Ansätze in Nachbarkommunen, das macht doch wenig Sinn und ist total ineffizient«, kritisierte Horn.
Die Schulleitervereinigung sieht die Testung der Kinder kritisch. »Sie gaukelt den Familien eine Scheinsicherheit vor.« Denn die Befunde gälten nur bis zu acht Stunden. Eigentlich müsse jedes Kind jeden Tag getestet werden, das sei zeitlich und personell nicht zu schultern. In Freiburg wird angestrebt, alle Schulen einmal wöchentlich mit der neuen Methode zu testen.
Überdies plant das Deutsche Rote Kreuz (DRK) nach einem Bericht der »Stuttgarter Nachrichten« (Donnerstag), die Testmöglichkeiten an den Schulen zu verbessern. Gemeinsam mit anderen Hilfsorganisationen, Ärzten und Apotheken solle die Selbsthilfe gestärkt werden. Dabei sollen Lehrer im betreuten Testen ausgebildet werden, damit sich die Schüler mindestens einmal in der Woche unter ihrer Aufsicht selbst testen können. Nach den Osterferien will das Land die Tests ausweiten. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sagte der Zeitung: »Im Ergebnis wird es Testangebote für das Personal der Kitas, der Schulen sowie für alle Schülerinnen und Schüler anlasslos zweimal die Woche geben.« (dpa)