STUTTGART. Mehrkosten für das Gesundheitssystem durch die Corona-Pandemie werden aus Sicht der AOK Baden-Württemberg nicht zu Beitragserhöhungen oder Zuzahlungen von Patienten führen. »In der jetzigen Situation zahlt sich aus, dass die gesetzlichen Krankenkassen während der jüngsten wirtschaftlich guten Jahre starke Finanzreserven gebildet haben«, sagte der neue AOK-Chef Johannes Bauernfeind der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Diese Rücklagen - knapp 20 Milliarden Euro Ende 2019 - gäben dem Gesundheitssystem den notwendigen Spielraum, Ärzte und Krankenhäuser kurzfristig finanziell zu unterstützen. Wenn diese Mittel nicht reichen sollten, könnten Bundeszuschüsse an den Gesundheitsfonds die Finanzsituation der Krankenkassen stabilisieren.
Höhere Beiträge seien derzeit bei der mit 4,5 Millionen Versicherten größten gesetzlichen Kasse im Südwesten kein Thema. Auch höhere Zuzahlungen von Patienten schloss er aus: »Dass das finanzielle Risiko einer notwendigen und qualitativ hochwertigen gesundheitlichen Versorgung auf den Einzelnen abgewälzt wird, ist für mich unvorstellbar.« Dafür gebe es keine Anzeichen.
Viele Kliniken stünden wegen der Absage geplanter Operationen und der Konzentration auf die Behandlung der Covid-19-Patienten vor finanziellen Unwägbarkeiten. Die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft sieht die Lage dramatischer. Etliche Krankenhäuser seien in ihrer Existenz bedroht. Ohne sofortigen finanziellen Schutzschirm für alle Krankenhäuser drohten Insolvenzen. Die Kliniken hätten derzeit durch die Ausweitung ihrer Kapazitäten hohe Kosten; gleichzeitig fielen in bedeutendem Umfang Erlöse für die Krankenhäuser weg, weil planbaren Eingriffe und Behandlungen aufgeschoben würden.
Die AOK Baden-Württemberg wird nach Worten ihres Chefs alles tun, um in dieser schwierigen Situation den Betrieb in den Krankenhäusern und deren Liquidität sicherzustellen. Diskutiert wird derzeit, die Zeiträume zu Begleichung von Rechnungen der Kliniken zu verkürzen oder einen Hilfsfonds für sie aufzulegen.
Gelder dürfen nach Bauernfeinds Überzeugung aber nicht mit der Gießkanne ausgeschüttet werden. Es gehe um angemessene Hilfe für die jeweiligen Kliniken. Die gute gesundheitliche Versorgung der Menschen im Land und die Arbeitsfähigkeit der Kliniken hätten höchste Priorität. Mit Blick auf Ärzte und Pfleger und ihr großes Engagement im Kampf gegen das Virus sei es respektlos, wenn Menschen ungeachtet aller Warnungen auf öffentlichen Plätzen oder in Parks eng beisammenstehen oder -sitzen; damit leisteten sie der Verbreitung des Virus Vorschub. (dpa)