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Knatsch um Krisenpolitik: Opposition wirft Versagen vor

Kein Plan, keine Strategie, Zerstrittenheit und Inkompetenz: Die Opposition lässt kein gutes Haar an der Corona-Politik der Regierung. Das will der Ministerpräsident nicht auf sich sitzen lassen.

Winfried Kretschmann (Grüne), Ministerpräsident von BW
Winfried Kretschmann (Grüne), Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild
Winfried Kretschmann (Grüne), Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild

STUTTGART. Während die Zahl der Infizierten im Land zurückgeht, nimmt der Streit um die Corona-Politik gehörig an Fahrt auf: FDP und SPD werfen der Landesregierung Chaos und Versagen im Umgang mit der Krise vor. Ministerpräsident Winfried Kretschmann verteidigte am Mittwoch im Landtag sein Krisenmanagement. »Ich kann da überhaupt kein Chaos erkennen«, sagte der Grünen-Politiker. Die Regierung arbeite in der Krise sieben Tage durch, habe in kurzer Zeit komplexe Regelungen getroffen und diese auch verständlich erklärt. Es gebe keine Blaupausen für eine solche Krise, da laufe eben nicht alles nach Plan und ohne Widersprüche. Aber man habe mit schnellem Handeln einen schlimmeren Verlauf der Pandemie abwenden können.

Die Opposition nutzte die Landtagssitzung am Mittwoch für eine Generalabrechnung mit der Regierungsarbeit. Demonstrationen von Wutbürgern und das derzeitige Blühen von Verschwörungstheorien seien nicht verwunderlich angesichts der Widersprüchlichkeit, Zerstrittenheit und Inkompetenz des Regierungshandelns, betonte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Auf den Demonstrationen gebe es nicht nur Verschwörungstheoretiker, sondern auch Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, die sich Sorgen machten und deren Motive man nicht in Frage stellen sollte. Zielsetzung der Corona-Politik könne nicht allein sein, sich danach auszurichten, dass sich möglichst keiner mehr infiziere und an dem Virus sterbe. Es gebe auch andere Opfer der Pandemie, etwa Menschen, deren wirtschaftliche Existenz vernichtet werde.

Unter anderem sei die Einzelhandelsrichtlinie nur mit zwei Tagen Vorlauf und höchst komplexen Anforderungen an Einzelhändler und Kommunen erlassen worden, kritisierte Rülke. Er bemängelte zudem einen »bemerkenswerten Eiertanz um die 800-Quadratmeter-Regelung« für Geschäfte. Der Gastronomie werde ein millionenschweres Hilfsprogramm von der CDU versprochen, das die Grünen dann blockierten - Rülke sprach in dem Zusammenhang von »Hahnenkämpfen einer zerstrittenen Koalition auf dem Rücken einer Branche«. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sei zudem für ein »Desaster« mit Blick auf die Vorbereitungen des Kita-Neustarts verantwortlich.

Von der schrittweisen Öffnung der Kitas seit Montag konnten längst nicht alle Eltern profitieren. Eisenmann warb im Landtag um Geduld. Viele Eltern schrieben ihr derzeit, dass sie Angst hätten, ihr Kind derzeit in die Schule und die Kita zu schicken, sagte die CDU-Politikerin. »Corona ist halt leider nicht weg.« Man müsse differenziert vorgehen. Zudem machten sich auch Erzieher Sorgen wegen des Virus. Die Träger gingen von 40 Prozent aus, die zur Risikogruppe gehörten - die könne sie nicht zwangsverpflichten, sagte Eisenmann.

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch forderte einen Plan und eine Strategie von der Landesregierung. Entscheidungen bräuchten einen verantwortbaren Vorlauf. Die negativen Folgen der Maßnahmen müssten so gering wie möglich gehalten werden. Widersprüche in der Corona-Politik führten zu schwindender Akzeptanz der Maßnahmen.

Die Regierung habe eben schwierige Abwägungsfragen treffen müssen, rechtfertigte sich Kretschmann. »Hinterher werden wir wissen, was wir hätten anders tun können.« Man habe die Maßnahmen von vornherein abgewogen - deshalb habe es auch keinen scharfen Lockdown hierzulande gegeben. Und: Man sei sich klar, was die Maßnahmen bedeuteten. »Allein die Schulden, die wir jetzt auftürmen müssen«, sagte er mit Blick auf ein 1,5 Milliarden Euro schweres zweites Corona-Hilfspaket. »Das machen wir höchst skrupulös. Es gibt auch ein Leben nach der Krise. Und jede Milliarde, die wir ausgeben, wenn sie nicht wirkt - das werden wir nachher zurecht vorgehalten bekommen.«

Man sei im Kern schon in den Normalmodus zurückgekehrt, sagte Kretschmann. Es werde jeden Tag weiter geöffnet. Wenn man eine schnellere Öffnung wolle, müsse man das begründen - unter den Gesichtspunkten des Infektionsschutzes. Die Pandemie könne aber auch jederzeit zurückkommen, warnte der Ministerpräsident: »Wir sind solange im Krisenmodus wie es keinen Impfstoff gibt.« (dpa/lsw)