ALBSTADT. Schlechte Nachrichten für Eltern. Laut einer Pressemitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) wird die Kindernotfallsprechstunde am Ebinger Krankenhaus zum Ende des Jahres aufgehoben. Wessen Kind am Wochenende oder an Feiertagen dringend eine ärztliche Behandlung benötigt, muss ab Januar 2024 deutlich weitere Strecken in Kauf nehmen.
Für die Eltern, so informiert die KVBW in ihrer Pressemitteilung weiter, stehen nun für die Versorgung an den Wochenenden und Feiertagen die Kinder- und Jugendärztlichen Notfallpraxen in Tübingen, Reutlingen und Villingen-Schwenningen zur Verfügung.
Ebenso bleiben laut den Informationen der Kassenärztlichen Vereinigung die Allgemeinen Notfallpraxen in Albstadt und Balingen unverändert bestehen. Diese Strukturen, so geht aus dem Schreiben klar hervor, stünden weiterhin für die Bevölkerung zur Versorgung dringender Akutfälle zur Verfügung.
Dieses Mal wurde informiert
»Zähneknirschend«, betont Albstadts Oberbürgermeister Roland Tralmer auf Anfrage unserer Zeitung, müsse er momentan die aktuelle Situation und die Gründe, die dazu geführt haben, akzeptieren. Im Gegensatz zur Situation im August dieses Jahres, als die Schließung der Kindernotfallsprechstunde in Ebingen schon mal Thema geworden war und er die mangelnde Kommunikation in der Sache in einem offenen Brief der KVBW gegenüber kritisiert hatte, habe man ihn nun informiert, sagt der OB.
Damals hatte die Kassenärztliche Vereinigung bekannt gegeben, die Kindernotfallsprechstunde müsse aufgrund von Umbaumaßnahmen auf unbestimmte Zeit geschlossen bleiben. Bei Vertreterinnen und Vertretern des Klinikums stieß das auf Unverständnis, da aus deren Sicht zu dieser Zeit nichts gegen ein Weiterführen der Kindernotfallsprechstunde sprach. Schlussendlich nahm diese nur wenige Tage später den Betrieb wieder auf.
Es bräuchte eine Kinderklinik
Doch nun soll erneut Schluss sein. Der Grund: Im Zollernalbkreis fehlt eine spezialisierte Kinderklinik. »Kinderärztliche Notfallpraxen sind im Land bisher immer an eine Kinderklinik angebunden«, heißt es in der Pressemitteilung. »Da es im Zollernalbkreis keine gibt, wurde dort auf Initiative der ansässigen Kinder- und Jugendärzte eine freiwillige Sprechstunde an Sonntagen zusätzlich zu ihren eigentlichen Diensten eingeführt«, führt die KVBW weiter aus.
Diese Mehrbelastung für die Medizinerinnen und Mediziner führte in der Folge mutmaßlich zum Stilllegen des Angebots, wie Kai Sonntag, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung, vermutet. Denn laut Pressemitteilung würden inzwischen zu wenige Ärztinnen und Ärzte an dem freiwilligen Angebot teilnehmen. Verpflichtet ist hierzu nämlich niemand.
Zusätzlicher Dienst nicht mehr machbar
Weshalb die Mediziner aus dem Notfalldienst ausstiegen, darüber könne Sonntag nur spekulieren. Doch er stellt klar: »Die Wartezimmer sind voll und die Belastung ohnehin schon hoch.« Daher seine Vermutung, für viele sei ein zusätzlicher Dienst am Wochenende schlicht weg nicht mehr möglich.
Möglichkeit einer Kinderklinik soll geprüft werden
Das ist auch Oberbürgermeister Roland Tralmer bewusst, der sich gleich zu Beginn des kommenden Jahres mit der Geschäftsführung des Zollernalbklinikums in Verbindung setzen möchte, um zu eruieren, ob im Zollernalbkreis die Möglichkeit zur Einrichtung einer Kinderklinik bestünde. Folglich wäre so eine Voraussetzung einer Kindernotfallsprechstunde wieder gegeben.
Bislang waren die ansässigen Kinderärzte gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung allein für die Durchführung der Notfallsprechstunde verantwortlich. Das Klinikum stellte lediglich die Räumlichkeiten zur Verfügung.
Dass Pressesprecher Kai Sonntag mit seinen Vermutungen richtig liegt, bestätigt Kinderarzt Dr. Markus Czempiel, der sich 2017 für die Einrichtung der freiwilligen Kindernotfallsprechstunde stark machte. Anfangs, so Dr. Czempiel, sei die Zahl der Kinderärzte und Kinderärztinnen, die sich freiwillig engagiert hätten, so groß gewesen, dass der freiwillige Dienst gemeinsam leistbar gewesen sei.
Grenze wurde überschritten
Doch dann seien es immer weniger geworden, teils auch durch Aufgabe und Neubesetzung von Praxen, die sich der Zusatzbelastung noch gewachsen gesehen hätten. Zum Schluss hin sei die Grenze überschritten worden, ab der es einfach nicht mehr möglich gewesen wäre, den Dienst aufrecht zu erhalten, »was ich natürlich sehr bedaure«, so Dr. Markus Czempiel.
Bedarf zu 99 Prozent gedeckt
Insgesamt drei Kinderärzte praktizieren laut Zahlen der KVBW in Albstadt. Dreizehn im gesamten Zollernalbkreis. Damit die medizinische Versorgung in allen Fachrichtungen angemessen gewährleistet ist, regelt die Bedarfsplanung der KVBW die Anzahl an Ärztinnen und Ärzten in den einzelnen Landkreisen.
Bezogen auf Kinder- und Jugendmediziner sei der vorgesehene Bedarf im Zollernalbkreis zu 99 Prozent gedeckt, so Pressesprecher Kai Sonntag. »Diese Zahl muss man aber immer mit Vorsicht genießen«, führt er weiter aus. Die einzelnen Städte eines Kreises würden darin kaum Beachtung finden, man gehe immer vom Ganzen aus. Ob für Albstadt daher drei Kinderärzte ausreichten, könne man so einfach nicht sagen, erklärt Sonntag. (ZAK)