Früher ist vorbei - und zwar schon lange für den Senior und dessen Sohn Wolfgang Richard Resch (24), der die Geschäftsleitung inzwischen übernommen hat. Abseits der Verschrottung fokussierte sich der Familienbetrieb stets auf das Ausschlachten von Autos. Wer seinen alten, runtergerockten oder kaputten Wagen loswerden wollte, brachte ihn auf den Schrottplatz - ohne Stress und meist auch ohne Entsorgungskosten. Jahrelang verdienten die Reschs bestens: sowohl durch den Weiterverkauf von Autoteilen, die sie aus den Schrottkarren ausbauten, als auch durch die schlichte Verwertung der Karosserien, indem sie gutes Geld für die Altmetalle bekamen.
Das war vor allem bis in die 2000er-Jahre hinein lukrativ, brachte aber schon zuletzt immer weniger Geld ein. Der immer höhere Elektronik-Anteil in neueren Autos habe dazu beigetragen, dass ungebundene Werkstätten kaum noch etwas selbst reparieren könnten, sagt Resch junior. Dies habe bei ihnen zu einer sinkenden Nachfrage nach Ersatzteilen geführt. Obendrein seien die Preise für Altmetalle im Keller, so dass auch der Kfz-Schrott immer weniger einbringe. »In beiden Bereichen war schon zuletzt kaum etwas zu verdienen«, sagt Resch junior. Und dann kam die Corona-Pandemie - und stürzte vor allem kleinere Auto-Demontagebetriebe noch tiefer in die Krise. Bei den Reschs kommen seitdem nochmals »viel weniger« Autos an. Zwei Mitarbeiter mussten entlassen werden, übrig blieben Vater und Sohn.
Wenn man das Leben eines Autos betrachtet, kommen die Schrotthändler ganz am Ende. Sie profitieren wie die Autohersteller und die Zulieferer, wenn möglichst viele Wagen im Umlauf sind. Dazu müssen neue Autos - wie in einem gesunden Kreislauf - in konstanter Zahl auf die Straßen rollen und alte auf den Schrottplatz wandern. Doch in der Corona-Krise wankt das Geschäftsmodell mehr denn je, weil die Menschen - nicht selten in Kurzarbeit oder gar arbeitslos geworden - ihr Geld zusammenhalten und auf aufschiebbare Käufe verzichten. Zugleich halten sie länger als gewohnt an ihrem alten Auto fest - und mit einem Mal haben auch Hunderte Verwerterbetriebe weniger zu tun.
Im Unterschied zu großen Autoherstellern und vielen Zulieferern können die meisten Schrotthändler solche Umsatzeinbrüche kaum lange verkraften. Die Branche ist gespickt von Klein- und Kleinstfirmen, die allenfalls geringe Rücklagen haben und vor allem: keine Lobby. Öffentlich treten sie kaum organisiert auf. Der Verband Fachgruppe Autorückmontage (FAR), eingegliedert in der Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen (BDSV), ist noch der präsenteste Zusammenschluss zertifizierter Autoverwerter hierzulande. Doch auch in der FAR sind nach Auskunft eines BDSV-Sprechers nur etwas mehr als 70 Firmen organisiert. Bundesweit wird die Anzahl der zertifizierten Autoverwerter auf 1200 geschätzt, dazu kommen eine Menge Betriebe im Halbdunkeln des Marktes.
FAR-Chef Siegfried Kohl sagt, im Schnitt sei der Umsatz der Autoverwerter seit Ausbruch der Corona-Pandemie um 25 bis 50 Prozent eingebrochen. Zu konkreten Umsatzzahlen kann er weder für das erste Halbjahr noch für die zurückliegenden Jahre etwas sagen. Die Firmen wollten dazu keine Angaben machen.
Das alles passt zum nebulösen Erscheinungsbild der ganzen Branche. Viele Verwerterbetriebe konzentrieren sich nicht aufs Verschrotten, sondern mischen nebenbei auf unterschiedlichen Feldern mit. »Da gibt es keine Struktur«, sagt Kohl. Manche haben Abschleppdienste, andere Werkstätten oder Kfz-Shops, wieder andere handeln mit Autoneu- oder Gebrauchtteilen. Die wenigsten aber bieten brauchbare Internetauftritte, eine erkennbare Marketingstrategie oder gar eine vorzeigbare, moderne Infrastruktur auf dem eigenen Gelände.
Auch bei den Reschs dominieren Gegensätze. Als Besucher schreitet man durch den Eingang hinein in ein buntes Sammelsurium ohne klare Linie: Neben einem imposanten Altreifen-Lager leben Hühner in einem Stall, in Blickweite eines kitschig bepflanzten Gartenabschnitts blickt man auf Tonnen voller Autotüren und Motoren. Dieser Schrottplatz in Waiblingen ist ein liebevolles Kleinod, in dem man fast darüber hinwegsehen möchte, dass die Einrichtung der Garagen überkommen ist, dass überhaupt vieles hier wirkt wie stehengeblieben in besseren Zeiten. Aber lässt sich darauf eine wirtschaftliche Zukunft bauen?
Bis vor gut zehn Jahren - damals teils auch befeuert durch die Abwrackprämie - habe man täglich zwischen 1000 und 5000 Euro umgesetzt, sagt Resch junior. Heute seien es an guten Tagen 400 und an schlechten nur noch 100 Euro. Und die schlechten Tage werden immer mehr. Der Juniorchef will vieles modernisieren, den Betrieb perspektivisch vielleicht sogar ganz umbauen und sich vom Schrotthandel verabschieden. Es wäre das Ende einer fast 50-jährigen Autoverwerter-Familienära, womöglich ein unvermeidbares. (dpa)