HEIDELBERG. Bis zu einem entspannten Umgang mit Corona wird es nach Einschätzung des Chefvirologen von der Universität Heidelberg, Hans-Georg Kräusslich, noch eine Weile dauern. »Ich glaube, wir werden Normalität nur dann erreichen, wenn wir anerkennen können, dass wir mit dem Virus umgehen können, auch wenn es weiter bleiben wird«, sagte Kräusslich der »Rhein-Neckar-Zeitung« (Samstag).
»Wir müssen in Zukunft in unsere Köpfe bringen, dass Corona auch eine gesellschaftliche und politische Normalität wird - und nicht nur eine medizinische Normalität, auch wenn es krank machen kann«, sagte der Mediziner. »Da sind wir im Moment weder medizinisch noch gesellschaftlich und politisch, aber das muss das Ziel sein.«
Wenn das Impfen vorankommt, Schutzmaßnahmen insbesondere in gefährdeten Bereichen eingehalten werden, keine Varianten mit ganz anderen Eigenschaften kommen und die Menschen Corona als eine Krankheit unter anderen auch im Kopf verankern, »erreichen wir die ersehnte Normalität«, sagte Kräusslich der Zeitung weiter. »Aber ich glaube, daran müssen wir noch arbeiten.«
Es werde dann immer noch Infektionen, schwere Verläufe und Todesfälle geben, räumte der Virologe ein. »Aber die gibt es auch bei anderen Erkrankungen.« Die Gesellschaft müsse dann den Fokus nicht mehr so sehr auf dieses Virus richten. »Erst wenn wir sagen können, dass dies eine Infektionskrankheit unter anderen ist und dies auch anerkennen, werden wir Normalität erreichen. Und dann nicht mehr wie das Kaninchen vor der Schlange auf die Sieben-Tage-Inzidenz starren.«
Dann würden auch asymptomatische Personen nicht mehr routinemäßig getestet, sagte Kräusslich im Interview. »Wir testen asymptomatische Menschen ja auch nicht auf Grippe oder ein anderes Virus.« Gleichwohl sei Corona eine andere Krankheit mit einem anderen Verlauf.
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