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Grüne wollen mehr Lehrerstellen - trotz Milliardenloch

Eigentlich müssen Grüne und CDU Wege zu finden, ein Milliardenloch im Haushalt zu stopfen. Doch nun stehen überraschend ganz neue Forderungen im Raum. Die CDU zeigt sich verärgert.

Landtagssitzung - Aussprache über den Etat
Grüne und CDU müssen Milliarden kürzen und brauchen mehr Lehrer. Foto: Bernd Weißbrod/DPA
Grüne und CDU müssen Milliarden kürzen und brauchen mehr Lehrer.
Foto: Bernd Weißbrod/DPA

Von einem »Bauerntrick« ist die Rede, der Koalitionspartner ist verwundert bis verärgert: Eigentlich müssen Grüne und CDU viel Geld sparen nach der jüngsten, enttäuschenden Steuerschätzung. Aber jetzt diskutieren die beiden Regierungsparteien über die Schaffung neuer Lehrerstellen. Bis der Doppelhaushalt für 2025 und 2026 festgezurrt ist, dürfte es noch ein paar Verhandlungsrunden geben.

Warum fehlt Geld?

Weil das Land in den kommenden Jahren nach jetzigem Stand deutlich weniger Steuern einnehmen wird als erwartet. Baden-Württemberg muss der jüngsten Steuerschätzung zufolge 2025 und 2026 insgesamt mit 1,85 Milliarden Euro weniger auskommen. Die Steuerschätzung im Mai war noch von einem Plus an Steuern ausgegangen. Das Haus von Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) führt das auf die schwächelnde Konjunktur zurück, aber auch auf Änderungen des Steuerrechts im Bund, etwa die Anhebung von Freibeträgen.

Was bedeutet das?

Grüne und CDU müssen nochmal ran an den Haushaltsentwurf, den die Regierung erst vor Kurzem ins Parlament eingebracht hat. Und sie müssen dringend Wege finden, wie sie die klaffende Milliardenlücke schließen können. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sprach davon, dass man »riesige Mindereinnahmen« verkraften müsse. »Wir stehen also vor schwierigen Verhandlungen«, sagte er. Am Morgen dann setzten sich die Spitzen seiner Koalition zusammen. Intern war man davon ausgegangen, dass man sich rasch einigt - es kursieren schon seit Tagen ganz konkrete Ideen.

Wie will man das Zwei-Milliarden-Loch genau stopfen?

Im aktuellen Haushaltsplan sind vorsorglich bereits 980 Millionen Euro als Reserve für den Fall von Mindereinnahmen eingeplant, die man wohl aufbrauchen dürfte. Ein Teil der Lücke wird wahrscheinlich mit weiteren Schulden finanziert - die sogenannte Konjunkturkomponente der Schuldenbremse erlaubt dem Land, noch einmal 425 Millionen Euro Schulden zu machen, weil sich die wirtschaftlichen Aussichten weiter eingetrübt haben. Und in Regierungskreisen plant man, erneut Gelder für den Pensionsfonds zu kürzen. 

Ist dieses Deckungskonzept nun in trockenen Tüchern?

Nein. Zwar sagte ein Sprecher des Finanzministeriums nach der Sitzung, man habe sich grundsätzlich darauf geeinigt, wie die fehlenden Steuereinnahmen kompensiert werden könnten. Aber Details müssten noch geklärt werden. De facto ist noch nichts beschlossen. Denn die Grünen forderten in der Sitzung Teilnehmern zufolge überraschend Hunderte zusätzliche Lehrerstellen. Demnach meldete die grüne Seite in der Sitzung der Haushaltskommission den Bedarf an 300 weiteren Lehrerstellen an. 

Wie reagiert die CDU auf die Forderungen? 

Offiziell sagte ein Sprecher der CDU-Fraktion auch mit Blick auf die Steuerschätzung, dass man sich die Dinge nochmal anschauen müsse, wenn sich Realitäten änderten. »So lange die Gespräche nicht abgeschlossen sind, äußern wir uns nicht zu ihrem Inhalt.« Dem Vernehmen nach zeigte sich die CDU aber überrascht und verärgert über die plötzliche Forderung aus dem Kultusministerium. Nicht weil man gegen zusätzliche Lehrerstellen sei, sondern weil die Grünen damit erst jetzt ums Eck kämen und das nicht vorher priorisiert hätten in den Verhandlungen. Die Rede ist in Teilnehmerkreisen gar von einem »Bauerntrick«. 

Zudem, so hieß es, sei die CDU irritiert, dass die Grünen das Geld für die zusätzlichen Lehrer aus dem Topf zur Förderung frühkindlicher Bildung nehmen wollten - einer der Schwerpunkte der Bildungspolitik der Landesregierung. Das Kultusministerium konnte das aber nicht bestätigen. 

Der Haushalt war doch schon eingetütet - warum fordert Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) denn plötzlich mehr Lehrerstellen? 

Das Kultusministerium habe stets auf den demografischen Mehrbedarf hingewiesen, sagte ein Sprecher. Aufgrund der stark steigenden Schülerzahlen in den kommenden Jahren habe man für 2025 285 und für 2026 88 zusätzliche Stellen beantragt - obwohl man eigentlich noch deutlich mehr brauche. Aber die beantragten 308 Stellen seien in den Verhandlungen nicht berücksichtigt worden. Bislang seien in dem Haushaltsentwurf überhaupt keine zusätzlichen Lehrerstellen enthalten. Es geht bei den 308 Stellen laut Ministerium strukturell um knapp 30 Millionen Euro. Nun würden diese Stellen wieder diskutiert, unter anderem aufgrund neuer Zahlen des Statistischen Landesamts zur Schülerentwicklung – allein in den nächsten beiden Jahren werden 28.000 zusätzliche Schülerinnen und Schüler an den allgemeinbildenden Schulen erwartet. 

Wie geht es weiter?

Nun müssen Grüne und CDU nicht nur beraten, wie genau sie die Milliardenlücke schließen können, sondern auch, wie sie Geld aufbringen können für die mögliche Finanzierung weiterer Lehrerstellen. Denn der Bedarf an den Schulen wird von beiden Seiten gesehen. Der Haushaltsentwurf wird parallel derzeit im Landtag diskutiert. Die Verabschiedung des Haushalts ist laut Finanzministerium für den 18. Dezember vorgesehen.

© dpa-infocom, dpa:241106-930-280595/2