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Das Alte ins (richtige) Eckige - viele Fehlwürfe beim Müll

Im vergangenen Jahr haben die Baden-Württemberger im Schnitt so wenig in den Hausmüll geworfen wie noch nie seit 1990. Laut dem Umweltstaatssekretär landet noch immer zu viel in der falschen Tonne.

Baden-Württemberger haben noch Probleme mit der Mülltrennung
Nach wie vor schmeißen etliche Menschen ihre Abfälle in die falsche Tonne. Das bremst die Verarbeitung und soll bald sanktioniert werden. (Symbolbild) Foto: Felix Kästle/DPA
Nach wie vor schmeißen etliche Menschen ihre Abfälle in die falsche Tonne. Das bremst die Verarbeitung und soll bald sanktioniert werden. (Symbolbild)
Foto: Felix Kästle/DPA

Die Menschen in Baden-Württemberg schmeißen zwar so wenig Müll weg, wie lange nicht mehr - wählen für die Entsorgung aber nach wie vor viel zu häufig die falsche Tonne. So landen viel zu oft noch Plastik oder Glas in der Biotonne, während im Restmüll nach einer Studie des Umweltbundesamtes sogar rund 50 Kilogramm Bioabfälle und 35 Kilogramm Wertstoffe in die Restmülltonne geworfen werden. 

»Wir gehen von einer ähnlichen Entwicklung im Südwesten aus«, sagte Umweltstaatssekretär Andre Baumann (Grüne) in Stuttgart. »Das ist verschenkte Energie, verschenkter Rohstoff.« Wichtigstes Ziel in der Kreislaufwirtschaft sei es, die Menge an Bioabfall und Wertstoffen im Hausmüll zu halbieren.

Was die aktuelle Abfallbilanz für 2023 noch verrät: 

Haus- und Sperrmüll: Das durchschnittliche Aufkommen vor allem von Haus- und Sperrmüll ist von 334 Kilogramm pro Kopf im Jahr 2002 auf einen erneuten Tiefstwert von 328 Kilo gesunken, wie Baumann mitteilte. Wobei weniger beim eigentlichen Müll aus dem Haushalt gespart wurde (minus 1,4 Kilo) als vielmehr zum Beispiel beim Altpapier (minus 4,1 Kilo).

»Unter anderem wird viel mehr auf dem Computer gelesen als auf Papier«, sagte Baumann. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 lag der Wert im Schnitt bei 364 Kilogramm Haus- und Sperrmüll. Im ersten Coronajahr 2020 war er vor allem wegen der Pandemie-Auflagen und Home-Office, Kurzarbeit, Fernunterricht und verpacktem Essen aus dem Restaurant sogar auf 369 Kilogramm gestiegen.

Wie steht es um Biomüll und Biogas?

Die Menge an Biomüll pro Kopf verharrt der Bilanz zufolge bei rund 54 Kilogramm. Ziel des Landes sind aber eigentlich 60 Kilogramm pro Person und Jahr. Die fleißigsten Sammler von Kartoffelschalen oder verwelkten Schnittblumen leben in Baden-Baden (113 Kilo), im Landkreis Konstanz (97 Kilo) und dem Main-Tauber-Kreis (96 Kilo).

In Baden-Württemberg sind im vergangenen Jahr mehr als 73 Prozent der Bioabfälle in Biogas umgewandelt worden. Auch hier ist das Land noch weit entfernt vom Ziel: Es will die Bioabfälle in Zukunft zu 100 Prozent wiederverwerten. 

Das Problem dabei: Aus Sicht des Landes ist das Angebot noch ausbaufähig. Kommunen, aber auch private Betreiber müssten noch mehr in Biogasanlagen investieren und sie modernisieren, sagte Baumann. So könne zugunsten von Klimaschutz und kommunaler Wärmeplanung noch mehr Biogas produziert und ins öffentliche Energienetz eingespeist werden. 

Trockenheit bremst das Wachstum im Garten 

Auch die Menge an Grünschnitt hat laut Bilanz nicht zugenommen. Lag sie vor knapp 25 Jahren noch bei 88 Kilo pro Kopf, ging sie einige Jahre später zunächst auf 73 Kilo zurück und lag zuletzt wieder bei rund 83 Kilo. Das entspricht in etwa dem Aufkommen aus dem Vorjahr. Als Grund nannte Baumann unter anderem die wochenlange extrem trockene Witterung. »Der Aufwuchs im häuslichen Garten war deutlich geringer.« 

Zunehmend werden Biotonnen nach Angaben Baumanns genauer per Sichtkontrolle untersucht - und nicht geleert, wenn sich darin zu viel Plastik oder anderes nicht biogenes Material befindet. Vom kommenden Jahr an werde auch in Biovergärungsanlagen ein strengeres Auge auf die Inhalte geworfen. 

»Wenn zu viele Fehlwürfe drin sind, geht das wieder zurück an die öffentlichen Entsorger und wirkt sich früher oder später auch auf die Verbraucher aus«, warnte Baumann. Im vergangenen Jahr wurden mehr als 70 Prozent der Bioabfälle wiederverwertet und zu Biogas verarbeitet, wie aus der Abfallbilanz für 2023 hervorgeht. Im Jahr zuvor waren es 68 Prozent. 

Kosten für die Müllabfuhr steigen erneut

Dass die Gebühren für die Müllabfuhr gestiegen sind, hänge nicht direkt mit den Fehlwürfen zusammen. Sie steigen im achten Jahr in Folge auf inzwischen 190,27 Euro pro Jahr und Vier-Personen-Haushalt. Im vergangenen Jahr lag der Wert noch bei 180,21 Euro, das entspricht also einer Erhöhung um 5,6 Prozent. 

»Die hohe Preissteigerungsrate des letzten Jahres zeichnet sich jetzt auch bei den Abfallgebühren ab«, sagte Baumann. Sie liege aber allen Investitionen zum Trotz bei weitem nicht auf der Steigerungsrate für die Verbraucherpreise der vergangenen beiden Jahre, sondern 29 Prozent darunter. 

Die Abfallbilanz schaut aber nicht nur auf den Müll der privaten Haushalte, sondern auch auf den der Bauwirtschaft und auf die haushaltsähnlichen Abfälle der Industrie. Davon wurden im vergangenen Jahr rund 9,35 Millionen Tonnen von den Kommunen entsorgt. Laut Statistik ging das Aufkommen bei Siedlungsabfällen im Vergleich zum Vorjahr um 1,5 Prozent zurück, die Menge der kommunal entsorgten Baumassenabfälle sank sogar um 25,8 Prozent - laut Baumann konjunkturbedingt.

 

 

© dpa-infocom, dpa:240729-930-187589/1