HEILBRONN. Die baden-württembergische Polizei hat in den letzten Monaten in Einzelfällen die Corona-Kontaktdaten von Restaurantbesuchern zur Strafverfolgung genutzt. Dem Justizministerium sind bislang 19 Fälle bekannt, bei denen im Zuge polizeilicher Ermittlungen auf Gästelisten zurückgegriffen wurde, wie die »Heilbronner Stimme« und der »Mannheimer Morgen« (Freitag) unter Berufung auf eine Antwort einer FDP-Landtagsanfrage berichteten.
Nach Angaben eines Sprechers des Justizministeriums ist eine Anordnung der Staatsanwaltschaft für die polizeiliche Nutzung der Daten einer Gästeliste von Restaurants nicht immer erforderlich. So könnten Restaurantbetreiber Kontaktlisten freiwillig an die Polizei übergeben - oder die Polizei könne die Gästelisten nach den Vorgaben der Strafprozessordnung wegen Gefahr im Verzug beschlagnahmen.
In der Auflistung der 19 Fälle, in denen bislang in Baden-Württemberg Gästelisten zur Strafverfolgung verwendet wurden, wird allerdings nur in elf Fällen eine Staatsanwaltschaft als handelnde Behörde genannt. In den anderen Fällen gingen die Ermittlungen von der Polizei aus.
Das Justizministerium hat die Zahlen anhand einer Umfrage unter den Staatsanwaltschaften ermittelt. Mit Hilfe der Gästelisten ermittelte die Polizei in verschiedensten Bereichen. Allein die Heilbronner Beamten nutzten seit vergangenem Mai die Daten der Listen, um sie bei insgesamt fünf Strafverfolgungen zu verwenden. Darunter befanden sich zwei Ermittlungen wegen Raubdelikten, ein Fall mit sexueller Belästigung sowie einmal Fahrerflucht. Bei einem Tötungsdelikt ordnete die Staatsanwaltschaft Heilbronn Ende Oktober zudem an, dass die Gaststättenbetreiber die Listen herausgeben mussten. Diese Listen wurden in anderen Südwest-Städten wie Mannheim (Mord) und Konstanz (schwerer Diebstahl) nur vereinzelt zur Strafverfolgung herangezogen.
Über die Zulässigkeit der Verwendung der Kontaktdaten für Ermittlungszwecke hatte es im Sommer zunächst widersprüchliche Aussagen gegeben. (dpa)