Vor der Betriebsratsaktion gegen geplanten Stellenstreichung hat Bosch-Arbeitsdirektor Stefan Grosch die Vorwürfe eines Kulturwandels bei dem Technologiekonzern zurückgewiesen. »Bosch ist ein sehr werteorientiertes Unternehmen. Das heißt, das ist fester Bestandteil unserer Kultur«, sagte Grosch der Deutschen Presse-Agentur. Das sei auch der Grund, warum Bosch die aktuelle Situation so schwerfalle. Wichtig sei für das Unternehmen eine Kultur der Offenheit, des Dialogs, des Vertrauens und des Respekts.
»Die Zukunfts- und Ertragsorientierung ist aber der erste Bosch-Wert, den wir haben«, sagte er weiter. Dieser basiere auf der Vorgabe des Firmengründers, das Unternehmen nachhaltig und kraftvoll zu entwickeln. »Um das sicherzustellen, müssen wir eben auch in schwierigen Situationen entsprechende Maßnahmen einleiten«, sagte Grosch. Einen Kulturbruch sehe er aber nicht: »Im Gegenteil: Wir agieren sehr stark innerhalb unserer Kultur und entwickeln diese weiter, ohne unsere Wurzeln zu vergessen. Das brauchen wir für künftige Geschäfte.«
Der Betriebsrat der Zuliefersparte und die Gewerkschaft IG Metall haben für Mittwochmittag (11.55 Uhr) zu einer Kundgebung vor der Bosch-Konzernzentrale in Gerlingen bei Stuttgart aufgerufen. So soll ein Zeichen gegen den geplanten Stellenabbau gesetzt werden. Dieser stelle auch die Zukunft, Innovationen und soziale Verantwortung infrage. »Denn es geht um mehr als Zahlen - es geht um Menschen, um die Gemeinschaft und um die Werte, die uns leiten«, hieß es vom Betriebsrat. Bei der Aktion sollen unter anderem Betriebsratschef Frank Sell und die IG-Metall-Landesbezirksleiterin Barbara Resch sprechen.
Zu der Aktion am Mittwoch sagte Grosch: »Wir können die Sorge natürlich nachvollziehen, die Arbeitnehmervertreter und Beschäftigte haben. Wir nehmen das sehr ernst.« Wichtig sei, Gespräche zu führen und auf Augenhöhe zu verhandeln. »Das machen wir auch aktuell. Wir haben gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern wieder Gespräche aufgenommen und sind im Moment auch in einem intensiven Austausch«, sagte Grosch. Den Aktionstag sehe man als Teil des Dialogs.
In den vergangenen Monaten waren mehrmals Pläne von Bosch bekannt geworden, weltweit Stellen zu streichen. Über alle Geschäftsbereiche hinweg stehen bislang mehr als 7000 Arbeitsplätze zur Disposition - davon bis zu 3200 in der Automobilzulieferung. Letzteres betrifft zu einem großen Teil deutsche Standorte in der Antriebssparte sowie in den Bereichen Steuergeräte, Fahrzeugelektronik und Software. Der Abbau soll demnach sozialverträglich ablaufen. Als Beispiele nennt Bosch unter anderem Qualifizierungsprogramme für Wachstumsbereiche sowie Vorruhestandsregelungen. Man spreche zurzeit auch über neuartige Konzepte, sagte Grosch. Einzelheiten dazu nannte er aber nicht.
Als Grund für die Pläne nannte Bosch vor allem den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit. »Die Rahmenbedingungen sind unter anderem durch den Wandel in der Mobilität schon seit mehreren Jahren sehr anspruchsvoll«, sagte Grosch. Viele der heute sichtbaren Herausforderungen habe man im vergangenen Jahr in dieser Ausprägung aber nicht erwartet. »Das beginnt mit erhöhtem Wettbewerb und Kostendruck und endet bei der schwachen Weltwirtschaft«, sagte er. An einigen Standorten habe man deutliche strukturelle Überkapazitäten. Man brauche schnell Lösungen. »Vielleicht hat auch das ein bisschen zu dem Druck geführt, den alle aktuell spüren«, sagte Grosch.
Der Standort Deutschland wird Grosch zufolge aber auch weiterhin enorm wichtig für den Konzern sein. »Auch in dieser Lage hat der Standort Deutschland nach wie vor eine große Relevanz«, sagte er. Denn hier habe man das Rückgrat, sowohl für die industrielle Kompetenz als auch für die Innovationskraft, die man brauche, um weltweit zu wachsen. »Und damit sichern wird auch Beschäftigung in der Zukunft.«
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