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Angst vor Großbränden: Aber Ausmaß der Brände nicht größer

Der Juni ist bislang zu warm und viel zu trocken. Deshalb steigt das Risiko für Brände nicht nur im Südwesten. Hier wird das Grillen verboten, dort die höchste Warnstufe ausgerufen. Dabei ist es alles andere als hochsommerlich heiß. Dennoch nehmen die Sorgen zu.

Trockenheit
Risse sind in der Erdkruste eines Ackers mit jungen Maispflanzen zu sehen. Foto: Philipp von Ditfurth
Risse sind in der Erdkruste eines Ackers mit jungen Maispflanzen zu sehen.
Foto: Philipp von Ditfurth

Es lodert im Stuttgarter Osten, es brennt in einem Tübinger Waldstück und auch eine Wiese in Gaggenau im badischen Murgtal geht in Flammen auf. Seit Wochen schon hat es in Baden-Württemberg nicht mehr anhaltend geregnet, auch in den kommenden Tagen ist mit Wasser von oben nicht zu rechnen und der Wind trocknet aus und kann Glutnester entfachen. Die Feuerwehren sind alarmiert, sie müssen zunehmend ausrücken. »Die Gefahr eines weiteren trocken-heißen Sommers besteht und damit steigt das Waldbrandrisiko«, warnt auch der Landeswaldverband. »Erste kleinere Brände sind nur die Vorboten«, sagt der Vorsitzende des Dachverbands, Dietmar Hellmann.

Regionale Unterschiede könnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass dem Land wieder eine Phase akuten Niederschlagsmangels bevorstehe. Hellmann erwartet unter anderem, dass die Feuer zunehmend größer werden. Der Südwesten sei bislang von großflächigen Waldbränden verschont geblieben. »Das wird aber perspektivisch nicht so weitergehen. Mit dem Klimawandel steigt das Risiko für flächenhafte Waldbrände auch bei uns. Baden-Württemberg ist Waldbrand-Erwartungsland«, sagt Hellmann.

Gefahren sieht er vor allem in den Lagen entlang des Rheins, aber auch im Odenwald. »Dort sind die Böden oft sandig und können nur wenig Wasser halten. Deswegen sind die Wälder trockener.« Weniger Risiko sieht Hellmann hingegen in der Ostalb, im Allgäu, in Oberschwaben und am Bodensee. Absehbar gilt die höchste Waldbrandwarnstufe des Deutschen Wetterdienstes nur im Umfeld der Messstation in Rheinau-Memprechtshofen, am Wochenende wird dies auch in Waghäusel-Kirrlach erwartet (Stand Donnerstag, 04.00 Uhr). In den meisten anderen Regionen wird das Risiko als hoch eingestuft.

Aber brennt es auch tatsächlich häufiger als früher? Öfter schon, aber nicht ausufernder. Denn während die Zahl vor allem kleinerer Brände gestiegen ist, ist ihr Ausmaß in Baden-Württemberg vergleichsweise überschaubar.

Laut Waldbrandstatistik wurden den unteren Forstbehörden im Jahr 2022 insgesamt 123 Waldbrände gemeldet, so viele wie seit 1992 nicht mehr und vier mal so viele wie im Jahr 2021 (29). 25 Hektar Wald standen im ganzen Land in Flammen, das entspricht ungefähr der Größe von 35 Fußballplätzen. Durchschnittlich sei ein einzelner Waldbrand nur etwa 2000 Quadratmeter groß gewesen. Während »echte« Waldbrände selten vorkamen, mussten nach Angaben des Innenministeriums »außergewöhnlich viele« Brände zum Beispiel auf Feldern, Wiesen und Böschungen gelöscht werden. Eine Gesamtzahl liegt laut Ministerium noch nicht vor.

»Wir müssen aber feststellen: Viele Vegetationsbrände sind auch 2022 durch fahrlässiges Handeln oder gar Vorsatz entstanden«, sagt Innenminister Thomas Strobl (CDU) der dpa. Auffallend sei zudem gewesen, dass zahlreiche Brände durch land- und forstwirtschaftliche Maschinen entfacht worden seien. Grund seien vermutlich die ungewöhnlich hohen Temperaturen und überhitzte Motoren.

Im Zuge der globalen Erwärmung steigt tatsächlich in vielen Regionen die Waldbrandgefahr, wie auch etwa der Weltklimarat IPCC festgestellt hat. Zwar kann ein wärmeres Klima dazu beitragen, dass mehr Wasser vom Himmel fällt, auch häufiger in Form von Starkregen. Die Zeiträume ohne Niederschläge werden aber teils länger. Gerade in ohnehin trockenen Gebieten wie im Nordosten Deutschlands steigt auch die Gefahr von Dürreperioden. In extrem trockener Vegetation können sich Waldbrände schneller ausbreiten.

»Das Risiko für Wald- und Vegetationsbrände steigt auch in Baden-Württemberg«, sagt Strobl. Das Land müsse sich rüsten. »Zwar werden wir nicht «über Nacht» zum Waldbrandland. Aber in heißen Sommern, die durch den Klimawandel weiter zunehmen werden, steigt die Gefahr für größere Vegetationsbrände, also Flächen- und Waldbrände, in erheblichem Maße - auch bei uns in Baden-Württemberg.«

Waldbrandgefahrenindex des DWD

© dpa-infocom, dpa:230615-99-60243/6