Mit einer Vielzahl von teils teuren Versprechen kämpft die Union bei der Bundestagswahl um Wählerstimmen. Wie sie die Steuersenkungen und Investitionen etwa in Forschung und Bundeswehr konkret finanzieren will, lässt der Programmentwurf offen: »Unmittelbar zu Beginn der neuen Wahlperiode machen wir einen ehrlichen Kassensturz und hinterfragen alle Ausgaben, insbesondere die Subventionen. So stellen wir zugleich sicher, dass bei Umsetzung unserer Projekte eine solide Haushaltsführung gewährleistet ist.«
Nein zum Bürgergeld, ja zur Schuldenbremse
Geldmittel erhofft sich die Union durch die Streichung von Leistungen wie dem Bürgergeld: »Ausgaben, die ihr Ziel verfehlen, müssen entfallen«, heißt es im Entwurf. An der Schuldenbremse will sie festhalten. Da die Haushaltslage des Bundes wegen Steuerausfällen und der anhaltenden Wirtschaftsflaute überaus angespannt ist, dürfte die Finanzierung nicht ohne Kürzungen an anderen Stellen möglich sein.
Das 79-seitige Papier liegt der Deutschen Presse-Agentur vor und soll am Dienstag von den Vorständen von CDU und CSU beschlossen werden. Ein Überblick über wichtige Punkte:
Energie
Die Union will Stromsteuer und Netzentgelte senken. Netze, Speicher und alle Erneuerbaren sollen ausgebaut werden. Zudem soll an der »Option Kernenergie« festgehalten werden - inklusive Prüfung einer Wiederaufnahme der »zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke«. Das Heizungsgesetz der Ampel zur Senkung klimaschädlicher Emissionen soll abgeschafft werden.
Leitkultur/Integration
»Es gibt in unserem Land gewachsene Spielregeln und Normen, die von allen, die hier leben wollen, anerkannt und respektiert werden müssen. Wir stehen zu unserer Leitkultur.« Das Einbürgerungsgesetz der Ampel soll rückgängig gemacht werden, genau wie die generelle Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft.
Migration
Die Asylpolitik soll sich ändern: »Eine strikte Begrenzung der Migration ist dringend nötig«, heißt es im Papier. Menschen ohne Bleibeperspektiven sollen an den Grenzen zurückgewiesen werden. Die Zahl der sicheren Herkunftsstaaten soll erweitert werden, Abschiebungen sollen auch nach Syrien und Afghanistan möglich werden. Der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte soll ausgesetzt werden.
Bundeswehr/Ukraine
Die Ausgaben für die Verteidigung sollen wachsen, eine Wehrpflicht schrittweise eingeführt und die Führung beim Aufbau eines europäischen Raketenabwehrschirms übernommen werden. Die Ukraine soll weiter »mit diplomatischen, finanziellen und humanitären Mitteln sowie mit Waffenlieferungen« unterstützt werden.
Steuern
Als Entlastungen will die Union Steuern senken und die Pflicht zur Steuererklärung für Rentner abschaffen. Der Einkommensteuertarif soll schrittweise gesenkt werden und der Spitzensteuersatz später greifen. Den Solidaritätszuschlag will sie abschaffen. Berufspendlern verspricht sie eine höhere Pendlerpauschale. Sozialversicherungsbeiträge sollen gesenkt werden und der Mehrwertsteuersatz für Speisen in der Gastronomie sinken. Überstundenzuschläge sollen steuerfrei werden. Auch soll es höhere Freibeträge bei Grunderwerb- und Erbschaftsteuer geben. Eine Vermögensteuer dagegen nicht. Das Ehegattensplitting soll bleiben.
Rente
»An der bestehenden gesetzlichen Regelung 1165 zum Renteneintrittsalter halten wir fest«, heißt es im Papier. Rentenkürzungen schließen CDU und CSU aus. Wer freiwillig länger arbeitet, soll sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei erhalten. Jedes Kind soll zwischen dem 6. und 18. Lebensjahr ein staatlich gesponsertes Kapitalmarktdepot erhalten.
Innere Sicherheit
Mit mehr Überwachung – etwa durch elektronische Fußfesseln, Videokameras oder Systeme zur Gesichtserkennung - soll die Sicherheit an Gefahrenorten verbessert werden. Internetanbieter sollen zur Speicherung der IP-Adressen verpflichtet werden. Die Legalisierung von Cannabis wird wieder abgeschafft.
Umsetzung des Programms in Koalitionsverhandlungen offen
Unionskanzlerkandidat und CDU-Chef Friedrich Merz versprach bei seiner Nominierung als NRW-Spitzenkandidat, die Union werde die Steuer- und Rentenlast senken. Er wolle den Kindern und Enkelkindern »ein Land hinterlassen, in dem sie nicht nur im Wohlstand und mit sozialer Gerechtigkeit leben können, sondern vor allem in Frieden und in Freiheit«.
Da die Union nach der Wahl am 23. Februar auf Koalitionspartner angewiesen sein dürfte, ist offen, ob und wieweit sie ihre Forderungen tatsächlich durchsetzen kann.
Die SPD warf Merz mit Blick auf den Programmentwurf einseitige Entlastungen allein für Spitzenverdiener und Konzerne vor. »Friedrich Merz plant milliardenschwere Entlastungen für Spitzenverdiener und große Unternehmen, lässt aber offen, wer die Rechnung zahlen soll«, sagte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch dem »Tagesspiegel«.
CSU-Chef Markus Söder warnte in München vor »wohlfeilen Kompromissen«: »Das Programm dient nicht dazu, es nach der Wahl neu zu schreiben.«
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