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2:1-Sieg gegen Schweden: Kroos erlöst Deutschland

Niemals zuvor rotierte der Bundestrainer intensiver. Toni Kroos trifft in der Nachspielzeit per Freistoß.

Antonio Rüdiger (von links), Toni Kroos und Marco Reus aus Deutschland jubeln nachdem Toni Kroos das 2:1 erzielt hat. Foto: Andreas Gebert/dpa
Antonio Rüdiger (von links), Toni Kroos und Marco Reus aus Deutschland jubeln nachdem Toni Kroos das 2:1 erzielt hat. Foto: Andreas Gebert/dpa

SOTSCHI. Joachim Löw pokerte hoch und gewann, das deutsche Desaster bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland ist abgewendet. Nach dem blamablen Auftakt gegen Mexiko gelang im zweiten dramatischen Gruppenspiel gegen Schweden vor 44287 Zuschauern die Rehabilitierung. Der Weltmeister gewann nach kämpferischer Bravourleistung mit 2:1 (0:1) und behält seine Chancen auf den zweiten Platz in der Vorrundengruppe. Toni Kroos verhinderte in allerletzter Sekunde mit seinem Freistoßtor das drohende Aus, Mexiko gewann sein zweiten Spiel gegen Südkorea mit 2:1 (1:0) und bleibt auf Rang eins.

Die Treffer vor der Entscheidung durch Kroos erzielten Ola Toivonen (32. Minute) und Marco Reus (49.). In der 83. Minute sah Jerome Boateng die Gelb-Rote-Karte, der eingewechselte Julian Brandt traf in der Nachspielzeit den Pfosten und in der Schlussminute traf Toni Kroos unhaltbar, großartig, entscheidend. Mehr Dramatik geht nicht. Damit bleibt dem amtierenden Weltmeister das Schicksal der Italiener bei der Endrunde 2010 und das der Spanier bei der Endrunde 2014 in Brasilien vorerst erspart. Deutschland ist weiter im Turnier, die »Mission Titelverteidigung« lebt.

Joachim Löw überraschte mit seinem Aufgebot auf der ganzen Linie, niemals zuvor in seiner Karriere rotierte der Bundestrainer von einem Turnierspiel zum anderen intensiver. Nicht Niklas Süle, sondern Antonio Rüdiger kam für den verletzten Mats Hummels. Auf der linken Seite spielte der Kölner Jonas Hector für Marvin Plattenhardt. Und Julian Draxler blieb trotz aller Spekulationen auf der linken Seite.

Noch überraschender die Nominierung von Sebastian Rudy für Sami Khediria, sensationell fast der Verzicht auf Mesut Özil, der seit dem Turnier in Südafrika 2010 immer in der Startelf stand. Marco Reus von Borussia Dortmund rückte erwartungsgemäß an zentraler Offensivposition ins Team. Dass Khedira und Özil auf die Ersatzbank mussten, entspricht einem zuvor nie dagewesenen Gedankenwandel von Löw, einer Abkehr von den erklärten Stützpfeilern des Weltmeisters. Sotschi erlebte vielleicht die Geburtsstunde einer neuen Mannschaft.

Im Angriff entschied sich der Bundestrainer gegen Mario Gomez und nominierte erneut Timo Werner, gegen die körperliche Wucht des Stuttgarters gegen die schwedischen Abwehrrecken und für die Leichtigkeit und Schnelligkeit des Leipzigers. Für Löws Verhältnisse eine absolut unglaubliche Rochade. Im defensiven Mittelfeld hielt der Bundestrainer wie erwartet an Toni Kroos fest, auf der rechten Seite gab es eine neue Bewährungschance für Thomas Müller vom FC Bayern München, wobei die Offensivspieler ständig die Positionen wechselten.

Der Weltmeister begann wie angekündigt, stürmisch, eine schnelle Entscheidung suchend. »Wir müssen liefern«, hatte Löw am Vortag ultimativ gefordert. Und die Mannschaft lieferte. Chancen im Minutentakt, schon in der 3. Minute die erste gefährliche Situation Julian Draxlers für die Skandinavier, die aber, gut eingestellt durch Trainer Janne Andersson, souverän verteidigten und durch gelegentliche Konter, vorwiegend eingeleitet durch den Leipziger Emil Forsberg, ebenfalls gefährlich waren.

Marco Reus (2.v.r.) aus Deutschland bejubelt sein Tor zum 1:1 mit Mario Gomez. Foto: Ina Fassbender/dpa
Marco Reus (2.v.r.) aus Deutschland bejubelt sein Tor zum 1:1 mit Mario Gomez. Foto: Ina Fassbender/dpa

Aber die Chancen hatte der Weltmeister, nach Draxler (3.) erneut der Mann von Paris Saint Germain (8.), dann verpasste Werner (9.). In der 13. Minute standen die konternden Schweden vor der Führung, als Marcus Berg von Boateng elfmeterreif gestoppt wurde, der Pfiff von Schiedsrichter Szymon Marciniak aus Polen ausblieb. Offensiver als die deutsche Mannschaft konnte man kaum noch spielen, dennoch wurde die Begegnung mit zunehmender Spieldauer ausgeglichener, weil sich die Schweden defensiv keinen Fehler erlaubten.

In der 31. Minute kam Ilkay Gündogan für den verletzten Rudy. Und nur eine Minute später ein folgenschwerer Fehlpass von Kroos, der Ball kommt zu Ola Toivonen, Antonio Rüdiger kommt zu spät und fälscht den Ball unhaltbar zum 0:1 ab. Das, was nicht passieren durfte, passierte, der Weltmeister reagierte geschockt. Kurz vor der Halbzeit die nächste Chance für die Schweden, Hector rettete in höchster Not vor Victor Claesson.

Nach der Halbzeit kam Gomez für den enttäuschenden Draxler. Der Weltmeister spielte weiter überlegen, Reus traf nach Flanke von Werner zum 1:1 (49.). Nur zwei Minuten später scheiterte Müller per Kopfball nach einem Freistoß von Kroos. Das Spiel fing jetzt an, dramatisch zu werden. Hector scheitert (56.) Müller kommt zu spät (57.), Reus verpasst (61.). Angriff auf Angriff rollt auf das schwedische Tor, die Skandinavier verteidigen mit allem, was sie haben. Aber das Tor von Kroos können sie nicht verhindern. (GEA)