MÜNCHEN. Joachim Löw ist seinem Kurs treu geblieben. Überraschend vertraute der Bundestrainer auch im zweiten Spiel der Fußball-Europameisterschaft der Mannschaft, die das Auftaktspiel gegen Frankreich mit 0:1 verloren hatte und gewann verdient mit 4:2 (2:1) gegen Titelverteidiger Portugal. Ein Sieg für den Bundestrainer, Deutschland ist zurück im Turnier, das Achtelfinale ist weiter in greifbarer Nähe. Zwar hätten die vielen Wechsel im zweiten Durchgang den Sieg fast noch einmal in Gefahr gebracht, aber letztendlich blieb der Erfolg ungefährdet. Zwei Eigentore der Portugiesen brachten die deutsche Mannschaft nach dem Führungstor durch Cristiano Ronaldo in der 15. Minute wieder auf Kurs. Für die Entscheidung sorgten Kai Havertz (51.) und Robin Gosens (60.), das zweite Gegentor des Titelverteidigers durch Diogo Jota kam zu spät (67.). Keiner denkt mehr an den Fehlstart gegen den Weltmeister.
Die Republik hatte seit dem enttäuschenden ersten Auftritt der Nationalmannschaft gegen Frankreich über notwendige Veränderungen der Aufstellung debattiert, den Bundestrainer beeinflusste das nicht. Löw änderte keine einzige Position und präsentierte im zweiten Spiel in München gegen Portugal die exakt gleiche Formation wie gegen den amtierenden Weltmeister. War das nun ein Zeichen des Vertrauens zu seiner gewählten ersten Aufstellung, die Chance zur Wiedergutmachung für die Niederlage oder schlicht Sturheit? Schon vor dem Spiel war klar, dass Löw den Druck auf sich selbst nochmals erhöhte. Der Bundestrainer schlug aber den richtigen Kurs ein, der Befreiungsschlag vor 14500 begeisterten Zuschauern gelang.
»Nicht sehr« habe er darüber nachgedacht, die Formation zu ändern, sagte Löw vorher. »Wir werden das besser machen als gegen Frankreich. Und wir können im Laufe des Spiels Veränderungen vornehmen. Wir brauchen Leute im letzten Drittel, und wir müssen uns im letzten Drittel behaupten«, forderte Löw in der ARD.
Und das gegen den Titelverteidiger Portugal. Gegen eine starke Kontermannschaft. »Am Ende entscheiden immer die einfachen Dinge«, sagte Löw vor dem Spiel. »Nicht immer taktische Erwägungen oder irgendwelche Systemfragen. Was wir brauchen, ist Mut und Risikobereitschaft, Entschlossenheit.«
Der Bundestrainer setzte auf Vertrauen, die deutsche Mannschaft begann gegen Portugal stürmisch. Schon in der 10. Minute die erste Chance durch Kai Havertz, Rui Patricio hält. Nur zwei Minuten später rettet Ruben Dias nach einem Schuss von Toni Kroos. Wie aus heiterem Himmel dann ein Bilderbuchkonter der Portugiesen. Die deutsche Mannschaft verliert den Ball im gegnerischen Strafraum, Bernardo Silva von Manchester City stürmt mit dem Ball nach vorne, überspielt mit einem Traumpass die deutsche Abwehr auf Diogo Sota, der muss den Ball nur nach innen legen auf den frei stehenden Cristiano Ronaldo, der sich diese Chance nicht entgehen lässt und erstmals gegen Deutschland trifft (15.), sein drittes Tor im zweiten Spiel des Turniers.
Die deutsche Mannschaft reagiert kurz geschockt, spielt aber weiter offensiv. Ein scharfe Flanke von Joshua Kimmich entschärft erneut Rui Patricio (29.). Sechs Minuten später flankt wiederum Kimmich von der rechten Seite auf Robin Gosens auf der Gegenseite, der passt sofort nach innen auf Kai Havertz, aber den Ball berührt zuletzt Ruben Dias zum 1:1. Gewertet wird das Tor aber für Havertz. Nur vier Minuten später die Führung. Havertz wird zunächst abgewehrt, dann kommt der Ball zu Kimmich, der spielt den Ball sofort erneut in die Strafraummitte und Raphael Guerreiro von Borussia Dortmund markiert unhaltbar das zweite Eigentor für die Portugiesen.
Deutschland bleibt im zweiten Durchgang weiter dominant. Schon in der 51. Minute das vorentscheidende 3:1. Thomas Müller treibt den Ball, flankt auf Gosens, der passt auf Havertz, der Mann des FC Chelsea trifft - Rui Patricio ist ohne Chance. Nur neun Minuten später eine weitere präzise Flanke des überragenden Joshua Kimmich genau auf den Kopf von Gosens. Sein unhaltbares Tor in der 60. Minute krönt seine hervorragende Leistung. Das 2:4 durch Diogo Jota bringt den viermaligen Weltmeister auch durch die Wechsel im zweiten Durchgang noch einmal kurz durcheinander. Mit Emre Can, Marcel Halstenberg, Niklas Süle, Leon Goretzka und Leroy Sané nutzte Löw das gesamte Kontingent. Das ändert aber nichts daran, dass Deutschland zurück ist auf dem Weg ins Achtelfinale der Europameisterschaft. (GEA)