STUTTGART. »Das war zu erwarten. Mit dieser Entscheidung war zu rechnen.« Timo Schyska, Vorstandsmitglied des VfL Pfullingen, war nicht überrascht, als ihn gestern die Kunde aus Stuttgart erreichte. Der Beirat des Württembergischen Fußballverbandes (WFV) hat einstimmig entschieden, die laufende Meisterschaftsrunde 2020/21 mit sofortiger Wirkung zu beenden. Auch der Bezirksvorsitzende Alb, Josef Haug, war schon im Vorfeld der virtuellen Versammlung davon überzeugt, dass die Saison nicht mehr fortgesetzt werden kann. »Es ist aber ein zweischneidiges Schwert«, sagt Haug, der als Beiratsmitglied an dieser Entscheidung beteiligt war. »Diejenigen Mannschaften, die in der Tabelle vorne standen, hätten die Runde gerne fortgesetzt, während die abstiegsbedrohten Teams froh sind, nicht mehr antreten zu müssen.«
»Da die erforderliche Anzahl von Spielen für eine sportliche Wertung nicht erreicht ist, bleibt als Konsequenz daraus nur die Annullierung der Saison«, heißt es in der Mitteilung des WFV. Eine Wertung hätte nach der letzten Änderung der WFV-Spielordnung im Februar 2021 vorausgesetzt, dass mindestens 75 Prozent der Mannschaften einer Staffel sämtliche Spiele der Hinrunde absolviert haben. Mit Blick auf das Ende des Spieljahres am 30. Juni ist dies zeitlich nicht mehr möglich. Konkret bedeutet das für alle Spielklassen von der Verbandsliga bis zu den Kreisligen, dass es weder Auf- noch Absteiger gibt und mit demselben Teilnehmerfeld in die Saison 2021/22 gestartet wird. Die Entscheidung betrifft sowohl Männer und Frauen als auch die Jugend. Ausgenommen sind die Pokalwettbewerbe.
Termin 9. Mai nicht mehr haltbar
Grundlage der Beiratsentscheidung sind die anhaltenden Beschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, die eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs bis zum 9. Mai nach einer angemessenen Vorbereitungszeit unmöglich machen. Dieses Datum hatten die Spielbetriebsexperten als spätesten Termin für den Re-Start ermittelt, um wenigstens die Hinrunde beenden und somit eine sportliche Entscheidung über Auf- und Absteiger herbeiführen zu können. »Der Verband musste mit seiner Entscheidung so lange warten, um nicht angreifbar zu werden und rechtliche Probleme zu bekommen«, hat Schyska Verständnis für diesen relativ späten Beschluss. In anderen Landesverbänden wurden die Kicker schon früher in die Sommerpause verabschiedet. »Es war richtig, uns die Chance so lange wie möglich offengehalten zu haben, die Saison zu einer sportlichen Wertung zu führen«, betont WFV-Präsident Matthias Schöck. »Das ist unsere Verpflichtung gegenüber den Vereinen, für die eine Annullierung teilweise auch wirtschaftlich erhebliche Folgen hat.« Für einen Verein wie den FC 07 Albstadt seien die Corona-Auswirkungen bitter, leidet Schyska mit dem Landesligisten (Staffel 4) mit. Albstadt war vergangene Saison, die im März 2020 abgebrochen wurde, punktgleich mit dem Spitzenreiter und Aufsteiger VfB Friedrichshafen Zweiter und führte in dieser Runde die Tabelle an.
Von der gestrigen Entscheidung ausgenommen sind die baden-württembergischen Oberligen der Männer, Frauen und Jugend. In der Männer-Oberliga ist wegen des Übergangs zur Regionalliga Südwest, die ihre Saison nach aktuellem Stand zu Ende spielen wird, die Aufstiegsfrage noch ungeklärt. Die Spielkommission der Oberliga erarbeitet derzeit einen Vorschlag für die Gesellschafterversammlung. Falls es Aufsteiger gibt, handelt es sich in der Oberliga – wie in der vergangenen Spielzeit – um einen Saisonabbruch. Der Verband hat die Vereine um eine Stellungnahme gebeten. Etwa 50 Prozent der Clubs, darunter der SSV Reutlingen (wir berichteten), votierten gegen eine Aufstiegsmöglichkeit in die Regionalliga. Etwa ein Viertel der Vereine sprach sich für Aufsteiger aus, das restliche Viertel hat sich nicht geäußert. (GEA)