PFULLINGEN. Detlev Gottaut will Bürgermeister in Pfullingen werden. Das hat der 64-Jährige am vergangenen Freitag in einem Schreiben angekündigt (wir berichteten). Jetzt hat der Pfullinger, nachdem er vergangene Woche verhindert war, mehr zu seiner Person und zu seiner Motivation wissen lassen.
Gottaut hält nichts von tabellarischen Lebensläufen: »Was die Pfullinger Wähler*innen von mir wissen müssen, kennen sie zum großen Teil bereits aus meinen Leserbriefen und persönlichen Begegnungen.« Er pflege einen individuellen und kommunikativen Stil. Die Aufgabe des Bürgermeisters versteht Gottaut als Kunst des Vermittelns, des Herausarbeitens des Machbaren und in der Beschaffung von Mehrheiten für Kompromisse.
»Ich bin kein gelernter Verwaltungsmensch. Mit 64 besitze ich einiges an Erfahrung und lerne jeden Tag Neues dazu.« In seinem Job als Analyst und Berater – seit 2002 führe er und seine Frau Heike ein angesehenes Beratungsunternehmen für Kliniken – komme er oft mit Menschen zusammen, die großes Expertenwissen besäßen, es aber nicht umsetzen könnten. »Ein solches Talent besitze ich.« Für fachliche Fragen gebe es genügend kompetente Menschen in der Pfullinger Verwaltung. »Die beweisen seit Monaten, dass es auch in der Krise läuft.« Auf Menschen zuzugehen, bereite ihm jedenfalls keine Probleme.
Fordernde Stimmen
Wie jeder Mensch habe er Ideale und moralische Ansprüche. Er messe Menschen mit derselben Elle, die sie bei anderen anlegen. So empfinde er es als scheinheilig, wenn Organisationen das »C« in ihrem Namen führen, sich aber zutiefst unchristlich verhalten.
Die allgegenwärtige Phobie gegenüber Fremden gehöre dazu. Für Gottaut ist es wichtig, »dass wir unsere Kinder zusammenbringen«. In gemeinsamen vorschulischen Einrichtungen sowie Gesamtschulen. Nur so werde man in Gettos abgeschottete Parallelgesellschaften verhindern können. Auch dürfe Ethik nicht länger die Büßerrolle eines alternativen Ersatzfachs für Religionslose fristen, sondern müsse zu einem Pflichtfach für alle werden. Wer seine Kinder religiös erziehen wolle, möge das zu Hause tun. »Nach meinem Verständnis gehört dies nicht zu den Aufgaben des Staates.«
Zum ehemaligen Bürgermeister Michael Schrenk sei ihm »oft eine innige Freundschaft sowie daraus erworbenes Insiderwissen unterstellt worden«. Das sei nicht richtig. »Ich habe investigative Fragen gestellt und Antworten erhalten, die alle Bürger*innen bekommen hätten.« Dass er Schrenk als Menschen schätze, hätte in seiner Beurteilung bezüglich seiner Amtsführung nie eine Rolle gespielt.
Die Geschäfte liefen, und sobald Pandemie und Politik es wieder zuließen, »verfüge ich über ein auskömmliches Einkommen – über ausreichend Freizeit verfügte ich bereits vor Corona«. Er sei genügsam, verreise selten und pflege keine teuren Hobbys. Seine Leidenschaften seien Familie, Fußball, Fliegen und Filme. Gottaut hat zwei große Kinder, vier Katzen und einen Hund.
Das Bürgermeisteramt sei zu keiner Zeit sein Karriere- oder Einkommensziel gewesen. »Im Gegenteil, finanziell und zeitlich werde ich draufzahlen. Martin Fink wird das leidvoll erfahren haben«, erklärt Gottaut.
Warum er trotzdem kandiert? Ein Pfullinger habe vor Wochen zu ihm gesagt: »Jetzt musst du es machen!« Die fordernden Stimmen seien zahlreicher geworden – auch aus seiner Familie: »Wer könnte sich dem widersetzen?« (GEA)