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Metzinger Postkarten aus dem Zweiten Weltkrieg: »Bisher keine Bomben«

Postkarten erzählen Geschichte: Eine Karte von 1935, die mitten im Zweiten Weltkrieg versandt wurde

Blick auf Metzingen im Jahr 1935 mit dem Weinberg im Hintergrund.  FOTO: STADTARCHIV
Blick auf Metzingen im Jahr 1935 mit dem Weinberg im Hintergrund. FOTO: STADTARCHIV
Blick auf Metzingen im Jahr 1935 mit dem Weinberg im Hintergrund. FOTO: STADTARCHIV

METZINGEN. Die Karte zeigt eine Ansicht von Metzingen aus Südwesten. Im Vordergrund stehen die jetzt im Zuge der Erweiterung des Outlets abgebrochenen Häuser in der Christian-Völter-Straße und der Breitwiesenstraße. Bei dem Flachdachbau rechts handelt es sich um die Weißgerberei und Handschuhfabrik A. Gänsslen jr. Dahinter ragt der Turm der Martinskirche auf. Links im Hintergrund sind die Villen am Weinberg zu erkennen. Die Aufnahme zeigt laut Stadtarchivar Rolf Bidlingmaier, den Weinberg vor der Rebflurbereinigung in den 1950er-Jahren.

Das Neckartal im Feuerschein

Die um 1935 entstandene Postkarte wurde mitten im Zweiten Weltkrieg, am 20. März 1944, von Dr. Ernst Rautenberg aus Metzingen an Herrn Schubert jr. in der Grunewaldstraße 59 in Berlin-Schöneberg gesandt. Rautenberg, so Bidlimgmaier weiter, hielt sich damals vorübergehend in Metzingen auf: Das Leben war von den Luftangriffen der englischen Royal Air Force auf deutsche Städte geprägt.

Immer wieder mussten die Menschen bei Luftalarm den Keller aufsuchen. Die Luftangriffe auf Stuttgart am 22. Februar, 2. und 15. März 1944 lagen nur wenige Tage zurück. Die Metzinger Turmbeobachtung meldete am 15. März um 23.40 Uhr, eine halbe Stunde nach dem Angriff: »Das ganze Neckartal ein Feuerschein bis Tübingen – Bombeneinschläge in Richtung Riederich.« Am 2. März war um 3.18 Uhr ein abgeschossener Bomber auf dem Wippberg eingeschlagen und explodiert.

Auf den Luftkrieg nahm auch Dr. Rautenberg in seiner Karte Bezug: »Sehr geehrter Herr Schubert! Ihnen und Ihren Angehörigen viele herzliche Grüße von meiner Frau und mir. Bisher war hier Winter, gestern der erste Frühlingstag. Hoffentlich wird es jetzt warm. Hier gibt’s wohl Fliegeralarm, wenn die Brüder aus der Schweiz einfliegen, bisher aber keine Bomben, nur einige Notwürfe von abgeschossenen Maschinen in der Gegend. Ihnen allen alles Gute! Ihr Dr. E. Rautenberg.«

Dr. Rautenberg logierte damals im Gasthof zum Schwanen, berichtet Metzingens Stadtarchivar Rolf Bidlingmaier weiter. (GEA)

POSTKARTEN-SERIE

Im Stadtarchiv in Metzingen finden sich nicht nur alte Akten, sondern auch Postkarten. Stadtarchivar Rolf Bidlingmaier stellt einige davon in loser Folge im GEA vor und erzählt die Geschichten dahinter. Heute eine Karte die Metzingen im Jahr 1935 zeigt, die aber erst mitten im Zweiten Weltkrieg versandt wurde. Sie ging nach Berlin. (GEA)