Alles anders, aber: Hauptsache Open-Air-Kino in Bad Urach

BAD URACH/REUTLINGEN. Was ist in diesen Zeiten schon normal? Fast alles ist anders. Mit dem 27. Bad Urach Open-Air-Kino im Schlosshof wollen die Veranstalter – der Stadtjugendring Bad Urach und das städtische Kulturreferat – den Wiedereintritt in die etwas normalere Welt wagen. Heil ist sie nicht, die Welt in Corona-Zeiten. Mit Kino-Kultur unter freiem Himmel aber ein bisschen normaler. »Es wird nicht die sommerliche Leichtigkeit haben wie sonst«, sagt Kulturreferent Thomas Braun, »aber wir freuen uns über den glücklichen Umstand, dass wir’s überhaupt machen können.«

Am Samstag, 1. August, startet die 27. Auflage des Open-Air-Kinos im Schlosshof. »Wegen der Abstandsregelungen dürfen weniger Leute rein, dafür machen wir mehr Vorstellungen«, bringt es Thorsten Hail, der Vorsitzende des Stadtjugendrings Bad Urach auf den Punkt. Mehr Vorstellungen bedeutet: Statt wie bisher an 10 Abenden heißt es in diesem Jahr an 15: »Film ab«.

»Ich schätze, dass die Hälfte aller Säle in Deutschland noch gar nicht spielt«

Nach fast vier Monaten Kino-Zwangspause sind die Leute immer noch sehr vorsichtig, sagt Thorsten Hail: »Ich schätze, dass die Hälfte aller Säle in Deutschland noch gar nicht spielt.« Er geht davon aus oder hofft zumindest umso mehr, dass die Bevölkerung sich eher auf Kino-Vergnügen unter freiem Himmel einlässt. Weit weniger risikobehaftet als ein geschlossener Raum und dennoch ein ganz anderes Erlebnis als einen Film in einer Blechkiste – dem Auto – zu genießen.

Das Uracher Open Air noch länger auszudehnen – also mehr als zwei Wochen – geht nicht, weil die Veranstaltung eingetaktet ist: Los gehen die Kino-Open-Airs mit Uracher Equipment in Dettingen, nach den 15 Vorstellungen im Schlosshof geht’s in Reutlingen weiter. In Dettingen werden die Filme nicht wie gehabt im Freibad gezeigt, sondern zwischen Schillerhalle und Schillerschule.

»Wir tun alles, um den Begegnungsverkehr im Schlosshof so gering wie möglich zu halten«

Heute treffen sich die Open-Air-Macher im Schlosshof mit dem Ordnungsamt, um letzte Details festzuklopfen – auch und gerade die Besucher-Obergrenze – und sich damit den Segen der Stadt Bad Urach zu holen. »Wir wollen maximale Sicherheit gewährleisten«, betont Thorsten Hail. Um zu garantieren, dass sich niemand zu nahe kommt, greift der Stadtjugendring auf modernste Technik zurück: Über das Kassensystem kann der Veranstalter regeln, wer wo sitzt. Aus finanzieller Sicht am schlechtesten für die Veranstalter wäre es, wenn lauter Einzelpersonen kommen, am besten, wenn lauter Familien (oder 20-köpfige Gruppen) anreisen. Über allem steht der 1,50-Meter-Abstand. Sollten nicht alle Tickets online weggehen oder hat jemand nicht die Möglichkeit, übers Internet zu bestellen, gibt’s auch noch eine Abendkasse.

»Wie auch immer es wird, wir achten penibel genau auf Abstand«, sagt Thorsten Heil, »wir tun alles, um den Begegnungsverkehr im Schlosshof so gering wie möglich zu halten.« Mit den Hygieneregeln verbunden sind die Einschränkung in puncto Essen und Trinken: Beim ersten Kino-Open-Air in Zeiten der Corona gibt’s weder Rote noch Schnitzel noch Waffeln – das Gedränge wäre zu groß. Angeboten werden nur verpackte Snacks. »Im Vordergrund steht der Kinofilm«, sagt Thomas Braun, »wir wollen das Beste aus den Einschränkungen machen.«

Gezeigt werden beim Uracher Open Air wieder die Highlights des vergangenen Jahres – genauer: die bis zum Kino-Shutdown im März. Arthaus- und Independ-Produktionen also, dazu ein bisschen Blockbuster. Sogar ein Film, der erst vergangene Woche an den Start ging (die französische Tragikomödie »Das Beste kommt noch«) und ein Bundesstart (die tunesisch-französische Komödie »Auf der Couch in Tunis«).

Strömten bisher bis zu 450 Menschen in den Schlosshof, so rechnet Kino-Kenner Thorsten Hail jetzt mit höchstens 160 bis 180 Besuchern. »Wir wissen bis jetzt ja noch gar nicht, wie das neue Konzept angenommen wird«, sagt er, »die offiziellen Zahlen zeigen, dass noch gar nicht so viele ins Kino gehen.« Einigermaßen hoffnungsvoll stimmen die Besucherzahlen bei Autokinos. Und die Tatsache, dass zum Uracher (und Dettinger und Reutlinger) Open Air viele Stammgäste kommen. Kino-Freunde, die froh sind, endlich wieder Filme auf großer Leinwand sehen zu können. Dass viele noch keine große Lust haben, sich in geschlossene Räume zu setzen, könnte eine große Chance fürs Kino unter freiem Himmel sein.

Mit den Open Airs will der Stadtjugendring langsam wieder in den Kino-Normalbetrieb in Urach (Forum) und Metzingen (Luna) einschwenken: »Stand heute planen wir, am 20. August indoor wieder mit einem abgespeckten Programm anzufangen«, sagt Thorsten Hail, »erst mal mit nur einer Vorstellung am Abend.« Wie’s danach weitergeht, macht der Stadtjugendring davon abhängig, wie das Kino 2.0 angenommen wird. »Und davon, wie die Infektionszahlen nach den Sommerferien aussehen«. (GEA)