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Boris Palmer: Die Grüne Jugend ist in ihrer Partei falsch aufgehoben

Tübingens Rathaus-Chef Boris Palmer gehörte bis zu seinem Parteiaustritt als einer der prominentesten Grünen in Deutschland. Zu Entwicklungen in der Partei wollte er nichts mehr sagen. Zum Jugendvorstand, der eine eigene Partei gründen will, positioniert er sich jedoch klar.

Pressekonferenz Tübingens Oberbürgermeister Palmer
Boris Palmer, Oberbürgermeister von Tübingen, betritt einen Konferenzraum. Foto: Bernd Weißbrod/DPA
Boris Palmer, Oberbürgermeister von Tübingen, betritt einen Konferenzraum.
Foto: Bernd Weißbrod/DPA

TÜBINGEN. Tübingens Oberbürgermeister ist nicht gerade dafür bekannt, ein schweigsamer Mensch zu sein. Zu vielen Themen äußert er sich oft und immer wieder und gerne auch kontrovers. Doch nachdem der einst so prominente Grüne nicht mehr Mitglied der Partei ist, hatte er sich selbstauferlegt, zu seiner Ex-Partei öffentlich nicht mehr Stellung nehmen zu wollen. Der gestern verkündete Rücktritt des kompletten Parteivorstandes, scheint für Palmer allerdings eine Art Zäsur darzustellen.

Denn kurz nach dem grünen Partei-Beben kam noch ein weiterer Hammer: Der Vorstand der Jugendabteilung der Grünen kündigte an: Wir wollen jetzt unser eigenes Ding machen. Die beiden Co-Vorsitzenden, Katharina Stolla und Svenja Appuhn, planen eine eigene linke Bewegung gründen. Ihre Begründung: »Es ergibt dauerhaft keinen Sinn, linke Opposition zu einer Politik zu sein, die die eigene Partei mitträgt.«

Katharina Stolla (r) und Svenja Appuhn, vom Vorstand der Grünen Jugend, streben die Gründung einer neuen Partei an.
Katharina Stolla (r) und Svenja Appuhn, vom Vorstand der Grünen Jugend, streben die Gründung einer neuen Partei an. Foto: Britta Pedersen/dpa/dpa
Katharina Stolla (r) und Svenja Appuhn, vom Vorstand der Grünen Jugend, streben die Gründung einer neuen Partei an.
Foto: Britta Pedersen/dpa/dpa

Das wiederum findet Palmer gut. Nach seiner Auffassung könnten die Grünen davon profitieren, wenn sich - wie er auf seinem Facebook-Account schreibt - die »woke Bewegung« innerhalb der Partei verabschiedet. Und weiter meint Palmer: »Tatsächlich wollte die woke Bewegung die Grünen zu einer weiteren linken Partei umformen, die sie historisch nicht waren und für die es gar keinen Bedarf gibt.« Deshalb fände er es gut, wenn dieser Teil der Grünen die Partei verlässt.

Palmer zitiert in seinem Facebook-Post große Teile der Erklärung des grünen Jugendvorstandes, in dem es unter anderem heißt: »Wir glauben, dass es mittelfristig keine Mehrheiten in der Partei für eine klassenorientierte Politik gibt, die soziale Fragen in den Mittelpunkt rückt und Perspektiven für ein grundsätzlich anderes Wirtschaftssystem aufzeigt.«

Viel Zustimmung für Palmer im Netz

Palmers Reaktion auf diese Aussage: »Wer Politik gegen die Wirtschaft und mit Marx‘ Theorien machen will, ist bei einer grünen Partei einfach völlig falsch aufgehoben. Die Klimafrage ist dringend. Sie duldet keinen Aufschub für den Klassenkampf.« Deshalb sei es gut, wenn »jugendliche Klassenkämpfer ein eigenes Projekt aufmachen«. In 20 Jahren würden »die klugen jungen Leute« ihre Irrtümer schon erkennen, so Palmer wörtlich.

Wie immer, wenn Boris Palmer seine Ansichten im Netz postet, gibt es zahlreiche Reaktionen. Wenige Stunden nach diesem aktuellen Post waren es schon Hunderte. Wie immer sind die Reaktionen unterschiedlich. Palmer bekommt Zustimmung, aber auch viel Grundsätzliches zu den Grünen aufgetischt. So schreibt Michael Graf: "Ziemlich gut auf den Punkt gebracht. Aber die Jugend ist eben meist durch Ihre fehlende Weitsicht viel ideologischer geprägt und erkennt keine Wahrheiten hinter dem eigenen Tellerrand.» Gabi Fux meint: «Dieser Grünen Jugend weine ich keine Träne nach.» Und Britta Y. Stricker kommentiert mit einem schlichten «Danke."

Mehrheitlich männliche Fans

Die überwältigende Mehrheit, die Palmer antwortet, ist männlich und stellt sich hinter Palmer. So beispielsweise Uwe Fenner: »Besser, als es Boris Palmer hier tut, kann man die Situation der Grünen und die Nützlichkeit der Bereinigung der Grünen Partei von den 'linken Klassenkämpfern' nicht analysieren.« Nur wenige haben kein Verständnis für den Ex-Grünen Palmer, wie Sebastian Walther: »Gibt's wieder Opferrolle mit Sauce bei Ihnen, Herr Palmer?« Doch auf Palmers Facebook-Seite tummeln sich mehrheitlich Fans des Tübinger Oberbürgermeisters, der mit Kretschmann über Rückkehr zu den Grünen reden will. (GEA)