TÜBINGEN. Die Lage auf den Intensivstationen ist aus Sicht des Tübinger Uniklinik-Chefs kein ausreichendes Argument für den Lockdown. »Solange die Zahlen der Intensivpatienten so sind wie jetzt, brauchen wir aus medizinischer Sicht keinen flächendeckenden Lockdown«, sagte Michael Bamberg, Leitender ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Tübingen, der »Bild«-Zeitung. »Wir brauchen keinen Dauerlockdown. Zumindest nicht, wenn es um die Zahl der belegten Intensivbetten geht.« Er hielte es für besser, würden die bereits geimpften Menschen in eine Öffnungsstrategie einbezogen.
Er sei überrascht, dass die Corona-Einschränkungen stets mit der Lage in den Kliniken und mit den schwerstkranken Covid 19-Patienten begründet würden. »Das stimmt nicht«, sagte Bamberg. »Zur Zeit liegen bei uns vier Corona-Patienten, die beatmet werden müssen. Fünf Erkrankte sind auf der Intensivstation.« Im April des vergangenen Jahres seien es 36 zu beatmende Patienten gewesen, zusätzlich 37 Covid 19-Patienten auf der Intensivstation.
Allerdings ist die Lage nicht überall so vergleichsweise entspannt wie in Tübingen. Im besonders belasteten Kreis Schwäbisch Hall machen sich die steigenden Infektionszahlen zunehmend in den beiden Kliniken der Region bemerkbar. Weil seit Wochen eine stete Zunahme von Covid 19-Patienten registriert wird, wurde bereits eine dritte Corona-Station eröffnet. Die Intensivstation sei aktuell fast vollständig mit Covid 19-Patienten belegt, warnte die Kreisverwaltung am Donnerstag. Es seien schon geplante Eingriffe bei anderen Patienten abgesagt und verschoben worden.
Im Kreis Schwäbisch Hall lag die Sieben-Tage-Inzidenz - also die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in einer Woche - am Mittwoch bei 378,12. (dpa)